Berglandwirtschaft trägt zum Gemeinwohl bei

Almen bzw. Alpen sind Kulturland. Generationen prägten sie über Jahrhunderte, passten sie an und bewirtschafteten sie nachhaltig. Die Berglandwirtschaft übernimmt Aufgaben, von denen die gesamte Gesellschaft profitiert.

Aktualisiert am: 03.01.2023
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Almweide mit einzelnen Bäumen und durchzogen von einer Almstraße

Kühe auf der Alm

Die Flächen im Berggebiet sind ein empfindliches Ökosystem. Die Bergbäuerinnen und Bergbauern bewirtschaften sie schonend. Das ist entscheidend für die Alpenregionen als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsräume. Die landwirtschaftlichen Betriebe nutzen die Alm- und Alpflächen, um Nahrungsmittel von höchster Qualität zu erzeugen. Sie schützen Boden und Wasser und tragen zum Klimaschutz bei. Die Berglandwirtschaft und Bewirtschaftung des Bergwaldes minimieren die Gefahr von Lawinen, Hochwasser, Muren, Rutschungen und Erosion. Das schützt die Bevölkerung im Tal.

Schutzfunktion des Waldes

Almen bzw. Alpen besitzen kleinflächig stark wechselnde Standortbedingungen. Sie bieten Lebensräume für unterschiedlichste, oftmals gefährdete Pflanzen und Tiere. Dieses Standortmosaik ist einerseits eine Folge natürlicher Gegebenheiten: Bodenverhältnisse, Höhenlagen, Klima, Hangneigungen und Expositionen der Alm- und Alpflächen. Andererseits beeinflussen es die Anzahl und Art der aufgetriebenen Weidetiere: Über Tritt, Verbiss und Nährstoffausscheidungen wirken diese direkt auf die Fläche ein. Sie schaffen so viele kleinste Lebensräume (Mikroökosysteme). Alm- bzw. Alpwirtschaft garantiert damit zusammen mit den Bergwäldern Biodiversität im Alpenraum.

Flora

Beispiele für Pflanzenarten, die auf eine nachhaltige Alm-/Alpbewirtschaftung in Bayern angewiesen sind:
  • Pyrenäen-Drachenmaul (Horminum pyrenaicum, R* - äußerst selten)
  • Fuchsschwanz-Ziest (Betonica alopecuros, R – sehr selten)
    • disjunkte und relativ begrenzte Kleinareale dieser südalpinen Art in Almgebieten der Landkreise Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Berchtesgaden/D
  • Bastard-Hahnenfuß (Ranunculus hybridus, R* - äußerst selten)
    • in den Nordalpen sehr selten auf wenigen Gratfluren und extensiven Hochalmen (z.B. Garmischer Schafweide)
  • Bayerische Sterndolde (Astrantia bavarica, R !a – sehr selten mit Alleinverantwortung Bayerns)
    • nur in einem kleinen Areal des Mittelstockes in Oberbayern, dort von Lahnerstandorten in Alm(brach)en hineinziehend (Blauberge, Isarwinkler Almen, z. B. Massenbestand Rehgrabenalm)
  • Rosmarin-Seidelbast (Daphne cneorum, 2 – stark gefährdet)
    • Im abgesprengten nordalpischen Kleinareal kommt diese submediterrane, wohlduftende Art auf wenigen Isar-Talalmen vor (Garmisch-Partenkirchen).
  • Ostalpenprimel bzw. Clusius`Schlüsselblume (Primula clusiana, R* - äußerst selten)
    • Westgrenze auf der Saletalm am Königssee/D

Fauna

Beispiele für Tierarten, die auf eine nachhaltige Alm-/Alpbewirtschaftung in Bayern angewiesen sind:
  • Hermelin (Mustela erminea, V - Vorwarnliste)
  • Auerhuhn (Tetrao urogallus, 1 – vom Aussterben bedroht)
  • Birkhuhn (Tetrao tetrix, 1 – vom Aussterben bedroht)
  • Steinadler (Aquila chrysaetos, 2 – stark gefährdet)
  • Baumpieper (Anthus trivialis, 3 – gefährdet)
  • Alpenbraunelle (Prunella collaris, R – extrem seltene Arten)
  • Zitronenzeisig (Carduelis citrinella, V – Art der Vorwarnliste)
  • Schlingnatter (Coronella austriaca, 2 – stark gefährdet)
  • Kreuzotter (Vipera berus, 2 – stark gefährdet)
  • eine Vielzahl von Insekten-, Spinnen-, Mollusken- und Tagfalterarten

Viele bayerische Almen und Alpen werden während der Sommermonate mit meist jungem Zuchtvieh aus Talbetrieben bestoßen. Vor allem handelt es sich um Rinder und Schafe.

Kühe und Schafe auf der Eschenloher Kuhalm

Rinderrassen

Mehr als 90 % der aufgetriebenen Rinder in Oberbayern gehören zur Rasse Fleckvieh. Typisch für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen sind die im Bestand gefährdeten Murnau-Werdenfelser, in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein die Pinzgauer Rinder. In Teilen des Landkreises Weilheim-Schongau und vor allem im Allgäu liegt das Hauptverbreitungsgebiet des Braunviehs.

Schaf- und Ziegenrassen

Auf den Almen und Alpen werden Schafe, vereinzelt auch Ziegen gehalten. Allein auf den Hochalmen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen weiden jährlich rund 2.000 Schafe der seltenen Rassen Braunes und Weißes Bergschaf. Daneben kommen noch eingetragene Zuchttiere der Rassen Geschecktes Bergschaf, Alpines Steinschaf, Brillenschaf und Krainer Steinschaf im bayerischen Berggebiet vor. Eine größere Ziegenweide mit überwiegend Bunten Deutschen Edelziegen hat seit Jahren in Mittenwald Tradition.

Sömmerung auf einer Alm oder Alpe

Die Sömmerung auf einer Alm oder Alpe wirkt sich sehr positiv auf die Entwicklung der Zuchttiere aus:
  • Verbesserung der Tiergesundheit
    
  • Optimierung des Leistungspotenzials
  • Verbesserung des Fundaments
  • Konditionsgewinn
  • Sozialisierungs- und Lernfähigkeit
  • Förderung der Nutzungsdauer
  • Fruchtbarkeit, Geburts- und Muttereigenschaften
  • verbesserte Michinhaltsstoffe und -zusammensetzung

Zuchttierschauen und Zuchtviehmärkte

Regelmäßig finden Zuchttierschauen und Zuchtviehmärkte statt, insbesondere mit starker Beschickung im Herbst nach dem Almabtrieb bzw. Viehscheid. Dort werden Tiere gekört bzw. bewertet und versteigert. Die wichtigsten Marktorte für Zuchtrinder und -schafe sind Miesbach und Weilheim, für Rinder außerdem Kempten und Traunstein.

Die jeweiligen Bewirtschaftungsformen der Almen und Alpen unterscheiden sich zwischen den Alpenländern, aber auch innerhalb Bayerns - besonders zwischen dem Allgäu und Oberbayern.

Angepasste Rassen für eine optimale Beweidung

Jedes Alm-/Alpgebiet stellt einen eigenen Lebensraum mit charakteristischen Klima-, Boden- und Vegetationsverhältnissen dar. Nicht jede Tierart bzw. jede Rasse sind für die Sömmerung optimal einsetzbar. Schwere Intensivrassen sind weniger geeignet - vorteilhaft sind spezielle Rassen, die oftmals schon seit Jahrhunderten aufgetrieben werden und sich an die Hochlagen angepasst haben. Sie zeichnen sich aus durch gute Geländegängigkeit, hohe Futtergenügsamkeit, robuste Gesundheit und Wetterfestigkeit. Die Sömmerungstiere scheinen außerdem ihr Wissen zum Alm-/Alpgebiet von Generation zu Generation weiterzugeben, so dass ein typisches Weideverhalten zu beobachten ist. Dadurch prägen sie die Landschaften im Alpenraum.

Gefährdete heimische Nutztierrassen

Die "Almtauglichkeit" und regionale Angepasstheit stellen den besonderen Wert der heimischen Nutztierrassen für die Berglandwirtschaft dar. Trotzdem sind viele Nutztierrassen - Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde - im Alpenraum gefährdet. Weil ein bestehender Verdrängungsprozess durch Leistungszuchten in den Alpen jedoch später einsetzte als in anderen Regionen, finden sich im Berggebiet trotzdem noch die europaweit wichtigsten Genreserven für alte Haustierrassen.

Genetische Vielfalt erhalten

Heimische Nutztierrassen sind nicht nur wegen der optimalen Bewirtschaftung der Alm-/Alpgebiete vorteilhaft. Sie stehen für genetische Vielfalt und sichern die Landeskultur und -identität des Alpenraums. Der Auftrieb gefährdeter Rassen spielt eine wichtige Rolle für den Tourismus und damit für die Wertschöpfung der Bergbauernbetriebe.

Förderung für gefährdete heimischer Nutztierrassen

Ziel ist es, die Bestände zu erhalten. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fördert daher Maßnahmen zur Erhaltung gefährdeter einheimischer landwirtschaftlicher Nutztierrassen.

Eigenschaften und Produktion

Der Allgäuer Sennalpkäse ist eine Spezialität des Allgäus. Herkunftsbezogene Eigenschaften treten besonders hervor. Das Futter kräuterreicher Alpweiden, traditionelle Produktionsmethoden und die Höhenlage geben dem Käse seinen Geschmack und Inhaltsstoffe. Der Rohmilchkäse hat hohen Karotin- und Omega-3-Fettsäuregehalt. Er schmeckt pikant bis kräftig, würzig, nusskernartig und unter Umständen leicht rauchig. Allgäuer Sennalpkäse wird von Mai bis Oktober auf staatlich anerkannten Sennalpen, die alle über 800 Meter Meereshöhe liegen, traditionell handwerklich hergestellt. Die Milch stammt von Braunviehkühen mit Weidegang aus silagefreier Fütterung.

Allgäuer Sennalpkäse - Spezialitätenland Bayern externer Link
EU-Herkunftsschutz

Der Allgäuer Sennalpkäse ist seit 14. Juni 2016 als geografische Angabe (g.A.) europaweit geschützt. Der Sennalpkäse ist damit nach Emmentaler, Bergkäse und Weißlacker die vierte Käsespezialität aus dem Allgäu, die von der EU-Kommission in das europäische Herkunftsregister aufgenommen wurde.

EU-Herkunftsschutz

Bayern erfreut sich einer unverfälschten und tief verwurzelten ländlichen Kultur. Das lebendige Brauchtum verbindet Jung und Alt und bildet das Rückgrat unserer Gesellschaft. Gleichzeitig sind Brauchtum und Kultur ein weltweites Aushängeschild Bayerns und Grundlage für den Tourismus mit jährlich vielen Millionen Besucherinnen und Besuchern.

Bergbäuerliche Bräuche und Feste

Die jahrhundertelange Berglandbewirtschaftung im bayerischen Alpenraum brachte eigene Bräuche hervor. Sie spiegeln sich wider in Festen und im Alltag der Region, besonders in Sprache, Kleidung, Handwerk und Baustil. Nur eine aktive Berglandwirtschaft kann diesen kulturellen Reichtum für zukünftige Generationen pflegen und erhalten.

Beispiele bergbäuerlichen Brauchtums:
  • Viehscheid bzw. Almabtrieb mit Kranzbinden
        
  • Almmessen
       
  • Musikabende auf der Alm
       
  • Feste im Jahreskalender
        
  • Almbauerntage
        
  • Schuhplattler
        
  • Alphornblasen