Viskose und ihre Verwandten

Faserarten wie Modal, Lyocell oder Tencel begegnen uns in verschiedenen Einsatzgebieten. Auch die Abteilung Haushaltstechnik und Textil in Landsberg am Lech erhält immer wieder Anfragen zu diesen Fasern. Um was handelt es sich hierbei? Was ist Rayon? Wo liegen die Unterschiede? Und warum sind diese Materialien auf dem Vormarsch?

Aktualisiert am: 30.07.2021
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Drei junge Frauen im Gespräch miteinander

Grundbaustein all dieser Fasern ist die Zellulose. Diese wird chemisch aufbereitet. Aus der Spinnmasse werden Filamente oder Stapelfasern erzeugt. Die Fasern zählen deshalb zu den Synthesefasern (Chemiefasern) aus natürlichen Polymeren. Sie werden oft auch als halbsynthetische Fasern bezeichnet.

Die Geschichte der Viskose

Der Wunsch, kostspielige Seide durch ein künstliches Material zu ersetzen, beschäftigte die Menschen schon lange. 1845 entdeckte man die erste lösliche Zelluloseverbindung, das Zellulosenitrat. Die erste Produktion von Nitrat-Kunstseide für textile Zwecke begann 1891. Über verschiedene Verfahren mit verschiedenen Lösungsmitteln versuchte man, die Zellulose aus Baumwolle oder Holz zu lösen und daraus eine klebrige Masse herzustellen. Diese Masse drückte man durch Düsen. Dabei entstanden im Fällbad (Nassspinnverfahren) oder an der Luft (Trockenspinnverfahren) Fäden.

Im Laufe der Zeit entwickelten sich verschiedene Verfahren. In den späten 1930er Jahren hatte die Viskose ihren Siegeszug und drängte alle anderen Verfahren vom Markt. Der alte Name für Endlosfäden aus Viskose ist Rayon. Er ist nach dem Textilkennzeichnungsgesetz (TKG) nicht mehr zulässig und wurde durch Viskose-Filament ersetzt.

Abbildungen von Holz, Zellstoff und Fasern zeigen den Weg der Viskose.

Das Viskoseverfahren

Das Viskoseverfahren funktioniert folgendermaßen: Aus dem zerkleinerten Rohstoff Holz (Eukalyptus-, Pinien-, Bambus- oder Buchenholz), werden Harze und Verunreinigungen ausgekocht. Die gewonnene, gebleichte Zellulose presst man zu festen Zellstoffplatten. Die Zellstoffplatten tränkt man in Natronlauge und zerfasert sie zu Flocken.

Die Spinnlösung entsteht unter Einwirkung von Schwefelkohlenstoff und späterem Lösen in Natronlauge. Sie sieht aus wie flüssiger Honig. Diese Spinnlösung wird durch feine Düsen ins Spinnbad gepresst, wo sie zu Filamenten erstarrt. Die chemische Zusammensetzung und die Eigenschaften von Viskose sind mit denen von Baumwolle vergleichbar. Ihre Festigkeit ist jedoch geringer, da die Molekülketten im Faserinneren kürzer sind.

Die neueren Fasern

Modal stellt man nach dem gleichen Prinzip wie Viskose aus Buchenholz her. Die Spinnbedingungen sind allerdings etwas verändert. Das Spinnbad bei Modal enthält weitere Chemikalien. Diese nehmen Einfluss auf den Aufbau des Faserinneren. Modal erreicht somit eine höhere Festigkeit als Viskose, ist brillanter anfärbbar und zeigt weniger Knitteranfälligkeit. Die eingesetzten Chemikalien kann man zum Großteil wiederverwenden.

Lyocell/Tencel

Im Gegensatz zu Modal basiert das Produktionsverfahren von Lyocell/Tencel auf einem Lösungsmittelspinnverfahren. Das verwendete Lösungsmittel wird zu ca. 99 Prozent zurückgewonnen. Man hat also eine nahezu vollständige Kreislaufführung. Die Besonderheit von Lyocell liegt in der extremen Fibrillen-Struktur der Faser (Fibrillen sind faserartige Bestandteile von Zellen und Geweben). Die kleinen Kanäle zwischen den einzelnen Fibrillen bieten ein sehr gutes Feuchtigkeitsmanagement. Dadurch kann Lyocell sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen. Außerdem kann die Faser, je nach Fibrillierungsgrad, unterschiedliche Griff- und Optikvarianten erzeugen. Man kann sie somit für sehr unterschiedliche Zwecke einsetzen. Die Oberflächenstrukturen reichen von glatt und kühl bis "Peach Skin-Effekt". Lyocell ist sehr reißfest. Deshalb setzt man sie z. B. auch in der Denim-Produktion ein.

Ist Viskose eine nachhaltige Faser?

Ja, in gewisser Weise ist Viskose eine nachhaltige Faser. Besonders die jüngere Generation (Modal, Lyocell, Tencel: Geschützte Marke von Lenzing AG) gelten als sehr umweltverträgliche Fasern. Sie sind aus nachwachsenden Rohstoffen und können vollständig verrotten. Außerdem ist der Wasserbedarf gegenüber Baumwolle geringer. Das Holz ist oft aus zertifizierter Forstwirtschaft. Die eingesetzten Chemikalien kann man zu großen Teilen wiederverwenden.

Aber Vorsicht! Viskose ist nicht gleich Viskose!

Damit sich die Zellulose lösen lässt, muss man die ursprüngliche Zellulose mit Kohlenstoffdisulfid (CS2) modifizieren. Hohe Konzentrationen von CS2 in Luft und Wasser können Mensch und Umwelt schaden. Insbesondere große Hersteller in Länder wie Indien oder China achten bei der Produktion wenig auf Arbeits- und Umweltschutz.

Fazit

Viskose, Modal, Lyocell oder Tencel finden wir heute unter anderem in Unterwäsche, Oberbekleidung, Sporttextilien, Matratzenbezügen, Bettwäsche und Frottierwaren. Um Mensch und Umwelt wenig zu schaden, sollten wir darauf achten, woher die Viskose kommt. Einschlägige Öko-Label für Textilien können bei der Auswahl helfen. Auch bei heimischen Herstellern kann man von nachwachsenden Rohstoffen aus zertifizierter Forstwirtschaft und entsprechendem Arbeits- und Umweltschutz ausgehen. Hersteller von Fast-Fashion-Mode dagegen, die Textilien zu günstigen Preisen anbieten, beziehen ihre Viskose vorzugsweise aus Ländern wie Indien oder China. Hier kann nicht automatisch vorausgesetzt werden, dass es sich um nachhaltig produzierte Viskose handelt.