Benachteiligte Gebiete in Bayern

In den benachteiligten Gebieten erhalten Landwirtinnen und Landwirte als Teilausgleich für ungünstige Standortbedingungen eine Ausgleichszulage (AGZ). Ziel ist, die Landwirtschaft dort fortzuführen und die Kulturlandschaft nachhaltig und flächendeckend zu pflegen und erhalten. Nach Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 wurden die benachteiligten Gebiete in Bayern neu abgegrenzt. Diese Neuabgrenzung gilt ab 2019.

Aktualisiert am: 21.02.2023
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Ansicht der neuen Gebietskulisse im Detail

Kartenviewer Agrar – iBALIS

Notwendigkeit einer Neuabgrenzung

Mit der Agrarreform von 2013 haben Rat und Europäisches Parlament beschlossen, eine EU-weite Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete durchzuführen. Deshalb musste auch Bayern die aus erheblichen naturbedingten Gründen benachteiligten Gebiete (bisher Benachteiligte Agrarzone einschließlich Kerngebiet) gemäß Anhang III der ELER-Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 neu abgrenzen. In diesem Zuge sind auch die weiteren Gebietskategorien (Berggebiete, aus anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete) auf eine aktuelle Basis gestellt worden. Dadurch können viele rein nach den biophysikalischen Kriterien herausfallende Gebiete neu begründet werden. So konnte bezogen auf die gesamte Landesfläche eine vergleichbar starke und insgesamt ausgewogene Gebietskulisse gesichert werden.

ELER-Verordnung (EU) Nr. 1305/2013: Detaillierte Informationen siehe Anhang III (PDF; 1,61 MB) externer Link

Grundsätzliche Eckpunkte

Um zu einer von den Betroffenen und auch von der EU-Kommission akzeptierten Gebietskulisse zu gelangen, hat sich Bayern gemeinsam mit dem Bund und dem Berufsstand dafür eingesetzt, dass folgende übergreifende Eckpunkte in Bayern angewendet werden konnten:
    Gemarkung

    Verwendung der Gemarkung als eindeutige Referenzgröße und klar definierte räumliche Bezugseinheit in allen drei Gebietskulissen, statt der oft erheblich größeren Abgrenzungseinheit "Gemeinde".

    Ertragsmesszahl (EMZ)

    Verwendung der Ertragsmesszahl (EMZ) sowohl als Feinabgrenzungskriterium (siehe Nr. 4.) als auch bei der Abgrenzung der aus anderen spezifischen Gründen benachteiligten Gebiete (siehe Nr. 5).

    Mindestens 60 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF)

    einer Gemarkung müssen benachteiligt sein, damit die gesamte Gemarkung in die Kulisse aufgenommen werden kann (außer Berggebiet); Anwendung aller verwendeten objektiven Kriterien auf die gesamte Fläche Bayerns (keine Regionalisierung).

    Berggebiete

    Bisher beschränkte sich die Berggebietskulisse in Bayern auf den Alpenraum. Die ostbayerischen Mittelgebirgslagen, Spessart und Rhön sowie Teile des Jura fallen nun ebenfalls in die neue Berggebietskulisse. Die Landwirte in diesen Gebieten sind auch mit Bewirtschaftungsnachteilen aufgrund der Höhenlage (verkürzte Vegetationszeit) und Bewirtschaftungserschwernissen infolge der Hangneigung konfrontiert. Angelehnt an das unmittelbar angrenzende österreichische Berggebiet wurden Gemarkungen neu als Berggebiet abgegrenzt, in denen die
    • durchschnittliche Höhenlage >= 700 m oder
    • durchschnittliche Höhenlage >= 500 m und die durchschnittliche Hangneigung >= 15 % oder
    • die durchschnittliche Hangneigung >= 18 % ist.

    Berechnungsgrundlage für Höhenlage und Hangneigung ist dabei die gesamte Gebietsfläche einer Gemarkung. Zusätzlich wurden Gebiete einbezogen, wenn eine oder mehrere zusammenhängende, vollständig von Berggebieten umschlossene Gemarkungen (Enklaven) gegeben waren.

    Aus erheblichen naturbedingten Gründen benachteiligte Gebiete

    Bei der EU-rechtlich verpflichtenden Abgrenzung dieser Gebietskategorie gab es keine Spielräume für Bayern. Die Kriterien sind detailliert und abschließend in Anhang III der ELER-Verordnung festgelegt und mussten nach den strikten Vorgaben der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission (Joint Research Centre) umgesetzt werden.

    Für die aus erheblichen naturbedingten Gründen benachteiligten Gebiete musste zwingend auch eine Feinabstimmung vorgenommen werden. Das bedeutet: Wenn trotz festgestellter Benachteiligung sehr gute Standortvoraussetzungen z. B. für einen erfolgreichen Anbau von Intensivkulturen vorliegen, müssen diese Gemarkungen wieder aus der Kulisse entfernt werden. In Bayern trifft dies für Gemarkungen mit einer durchschnittlichen EMZ je Ar > 46 zu.

    Aus anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

    1. Schritt

    Gemarkungen sind aus anderen spezifischen Gründen benachteiligt, wenn in einem 1. Schritt mindestens 60 % der LF einer Gemarkung durch besondere Gründe benachteiligt waren. Berechnet und geprüft wurden dabei die auf die Feldstücke einer Gemarkung bezogenen Kriterien wie Größe, Form, Erreichbarkeit, EMZ sowie Hochwassergefahren und die Nutzung als Dauergrünland. Zusätzlich wurde noch die auf eine gesamte Gemarkung bezogene Reliefenergie ("Hügeligkeit") berücksichtigt. (Tabelle 1)

    2. Schritt

    Zusätzlich musste aber nach EU-Vorgabe in einem 2. Schritt für die Gemarkung mindestens ein weiteres Kriterium zutreffen, das die Notwendigkeit der Landwirtschaft zur Erhaltung oder Verbesserung der Umwelt, zur Erhaltung des ländlichen Lebensraums sowie zur Erhaltung des Fremdenverkehrspotentials ausdrückt. Konkret musste dazu der Schwellenwert für den Anteil der Natur-, Arten- und Landschaftsschutzgebiete, für besondere Landschaftstypen, für naturschutzfachlich als bedeutend eingestufte Landschaften oder für den Nebenerwerbsanteil erreicht werden. (Tabelle 2)

    Wenn eine Gemarkung in beiden Schritten die Schwellenwerte erreicht, wurde diese als aus andern spezifischen Gründen benachteiligt eingestuft.

    Mit dieser komplexen, aber mit objektiven und soliden Daten durchgeführten Abgrenzung konnte Bayern den maximal zulässigen Umfang von 10 % der Landesfläche für ein gesamtausgewogenes Ergebnis nutzen.

    Tabelle 1: Kriterien für besondere Gründe der Benachteiligung
    Kriterium
    Schwellenwert
    Mittelwert Bayern
    (ohne Berggebiet)
    Bezugseinheit
    Quelle
    1. Größe der Feldstücke
    < 1,00 ha
    1,78 ha
    Feldstück
    InVeKoS
    2. Ertragsmesszahl (EMZ
    < 44,5 EMZ/Ar
    46,4 EMZ/Ar
    Feldstück
    LfSt, LDBV, InVeKoS
    3. Hochwassergefahren
    HQ häufig oder HQ 100
    -
    Feldstück
    LfU
    4. Geometrie der Feldstücke - Konvexität
    < 0,8
    0,95
    Feldstück
    TUM
    5. Erreichbarkeit der Feldstücke
    Entfernung zum übergeordneten Verkehrsnetz > 600 m, davon > 300 m auf nicht asphaltierten/betonierten Wegen
    Entfernung 403 m, davon 222 m nicht asphaltiert
    Feldstück
    TUM
    6. Dauergrünlandfläche
    Alle Nutzungscodes mit Dauergrünlandstatus
    -
    Feldstück
    InVeKoS
    7. Reliefenergie
    > 140,0 m/Gemarkung
    128,4 m/Gemarkung
    Gemarkung
    IÖR

    Tabelle 2: Kriterien zur Bemessung der Notwendigkeit der Landwirtschaft für Umwelt, Lebensraum und Tourismus
    Kriterium
    Schwellenwert
    Mittelwert Bayern
    (ohne Berggebiet)
    Bezugseinheit
    Quelle
    1. Anteil der Schutzgebiete - Natur-, Arten- und Landschaftsschutz
    > 62,5 %
    41,0 %
    Gebietsfläche Gemarkung
    LfU
    2. Anteil besonderer Landschaftstypen
    > 65,0 %
    54,8 %
    Gebietsfläche Gemarkung
    BfN
    3. Landschaftsbewertung
    a) Anteil besonders schutzwürdiger und schutzwürdiger Landschaften
    > 40 %
    12,1 %
    Gebietsfläche Gemarkung
    BfN
    b) Anteil besonders schutzwürdiger, schutzwürdiger und schutzwürdiger Landschaften mit Defiziten
    > 95 %
    49,0 %
    Gebietsfläche Gemarkung
    BfN
    4. Anteil der Nebenerwerbslandwirte
    > 70,0%
    58,8 %
    Gemeinde anteilig Gebietsfläche Gemarkung
    InVeKoS

    Gesamtergebnis

    Mit der Genehmigung durch die EU-Kommission werden von insgesamt 3.195.790 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) in Bayern abgegrenzt als
    • Berggebiete:
      459.625 ha LF (bisher: 212.828 ha LF)
    • aus erheblichen naturbedingten Gründen benachteiligt:
      805.943 ha LF (bisher: 1.741.831 ha LF)
    • aus anderen spezifischen Gründen benachteiligt:
      702.135 ha LF (bisher: 5.233 ha LF)

    Insgesamt umfassen damit die neu abgegrenzten benachteiligten Gebiete in Bayern 1.967.703 ha LF (bisher 1.959.891 ha). Das heißt, dass die neue Gebietskulisse fast die gleiche Größe hat wie die bisherige. Allerdings ist es aufgrund der Vorgaben unvermeidbar, dass rund 236.000 ha LF aus der bisherigen Kulisse herausfallen. In etwa der gleichen Größenordnung kommen neue Gebiete hinzu.

    Eine Gemarkung ist stets vollständig und eindeutig einer dieser drei Gebietskategorien zugeordnet, oder sie ist nicht benachteiligt. Die räumliche Verteilung der neu abgegrenzten Gebietskulissen ist aus der oben verlinkten Karte ersichtlich.