Smart Home – Eine Bestandsaufnahme

Bis zum Jahr 2025 wird laut einer Umfrage nahezu jeder zweite Haushalt im eigenen Wohnraum vernetzte Geräte nutzen. Aber was ist Smart Home? Welche technischen Voraussetzungen gibt es und worin liegen die Chancen und Risiken im Einsatz von Smart Home? Ein Studienprojekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) unter Leitung von Prof. Dr. Michael Greiner ist diesen Fragen auf den Grund gegangen. Wir fassen die wichtigsten Ergebnisse für Sie zusammen.

Aktualisiert am: 06.03.2024
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Titelbild Smart Home Rgb 3zu2

Was ist Smart Home?

Ins Deutsche lässt sich Smart Home mit den Begriffen "Intelligentes Wohnen" oder "Intelligentes Zuhause" übersetzen. Geräte und technische Komponenten in Wohn- bzw. Betriebsgebäuden werden miteinander vernetzt. So ermöglicht Smart Home den Zugriff auf die Geräte zu Hause (z. B. Kühlschrank, Backofen, Beleuchtung) von jedem Ort aus, also ferngesteuert.

Welchen Nutzen haben Smart-Home-Geräte?

Anbieter bewerben im Bereich der Privathaushalte vor allem folgende Faktoren als nützlich:
  • Sicherstellung von Arbeitsqualität und -sicherheit
  • effizienter Einsatz von Ressourcen wie Wasser oder Energie
  • leichter Zugang zu Bildung z. B. über Online-Kurse oder Zugriff auf Bildungsmedien
  • mehr Komfort und Zeitersparnis durch Fernsteuerung der Geräte
  • verbesserte Organisation von Transportsystemen wie E-Bikes und E-Scootern

Wie ist die Situation in Deutschland?

Der DESI (Digital Economy and Society Index) gibt Auskunft über den Grad der Digitalisierung in einem Land. Die europäische Kommission bestimmt ihn jährlich anhand der Indikatoren Konnektivität, digitale Kompetenz sowie Integration digitaler Technik durch Unternehmen und digitale öffentliche Dienste. Im Jahr 2021 lag Deutschland mit einem Index-Wert von 54,1 im Mittelfeld. Dänemark liegt mit einem Wert von 70,1 auf Platz 1. Gründe dafür liegen in Sicherheitsbedenken der Nutzerinnen und Nutzer, im mangelnden Interesse am Thema der eher älteren deutschen Gesellschaft sowie in einem Fachkräftemangel in digitalen Berufen. Dennoch erwarten Forschende in den nächsten Jahren einen Anstieg von Smart Home in Deutschland, insbesondere in den Bereichen Licht und Komfort (z. B. automatische Verdunklung, Türöffnung, …).

Vereinfachte Darstellung der Funktionsweise eines Smart-Home-Systems

Welche technischen Voraussetzungen gibt es für Smart Home?

Ein Smart-Home-System besteht aus Eingabegeräten, Endgeräten und einem Datenübertragungssystem. Die Eingabegeräte nehmen Informationen auf, verarbeiten sie und leiten sie weiter. Die Weiterleitung erfolgt über ein sogenanntes Bus-System, einem digitalen Datennetz.

Dieses Übertragungssystem verbindet alle Geräte miteinander und ermöglicht die Kommunikation der Geräte untereinander.

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Datenübertragungssystemen: das funkbasierte und das kabelgebundene System. Beim funkbasierten System kommen Bluetooth oder WLAN zum Einsatz (z. B. bei Bedienung über das Smartphone). Die kabelgebundene Variante benötigt in der Regel Fachpersonal. Zum Bedienen der Gerätschaften existieren smarte Schalter, Touchpanels, Apps oder Sprachassistenten. Je nach Umfang und System des Smart Homes unterscheidet sich der Installationsaufwand. Grundsätzlich bedarf es einer Software, mit der das Smart Home konfiguriert und je nach Bedarf aufgerüstet und angepasst wird. Die eingesetzten Geräte sollten das CE-Zeichen aufweisen. Dieses garantiert, dass die Geräte untereinander elektromagnetisch verträglich sind und sich in ihrer Funktion nicht gegenseitig beeinträchtigen.

Welche Vorteile haben Smart-Home-Systeme?

Smart-Home-Systeme erleichtern den Alltag durch mehr Komfort. Nutzerinnen und Nutzer können ihre elektrischen Geräte von überall außerhalb des Wohnraumes steuern. Auch Wartungsarbeiten durch Handwerker werden durch Smart-Home-Geräte erleichtert. Handwerker greifen extern auf die App zu, analysieren den Fehler, bestellen benötigte Ersatzteile und kommen vorbereitet zum Reparatureinsatz.

Nutzerinnen und Nutzer können außerdem ...
  • die Temperatur, Verdunkelung, Beleuchtung, Belüftung der Räume überall an die benötigte Situation zu Hause anpassen.
  • Lichter, Türöffnung, Garagenöffnung etc. bedienen, ohne dafür eine Arbeit unterbrechen zu müssen.
  • die Fensteröffnung steuern (Verbesserung des Raumklimas durch automatische Lüftung; Regensensorik zur Schließung der Dachfenster)
  • die Gartenbewässerung regulieren, z. B. in Verbindung mit einer Wettervorhersage oder einer Feuchtigkeitsmessung des Gartenbodens.
  • Wasch-, Spül oder Kaffeemaschine programmieren, sodass der Vorgang abgeschlossen ist, wenn der Bediener zu Hause ankommt.

Energieeinsparung

Um Energie einzusparen, benötigt die App eine "Geofencing-Funktion". Diese erkennt über GPS, wann die Bewohnerinnen und Bewohner das Haus verlassen. Ist ein Gerät nicht mehr im Umgebungskreis des Hauses eingeloggt, stellen sich Heizung, Lüftung und Beleuchtung ab. Die Geräte selbst benötigen dazu WLAN-Thermostate oder Umweltsensoren, die auf Bewegungen und Temperaturen reagieren. Die App erkennt auch eine Annäherung an das Haus und stellt bei Heimkehr die Systeme wieder an. Das garantiert angenehme Temperaturen und ein gutes Raumklima.

Weitere Energieersparnis ist möglich durch ...
  • automatische Regulierung der Heizung beim Lüftungsvorgang.
  • automatische Lüftung mittels Klimasensoren, die die Luftfeuchte oder das CO2 im Raum ermitteln.
  • Abschalten der Heizsysteme bei Sonneneinstrahlung, wenn die Heizung mit Solartechnik gekoppelt ist.
  • Reduktion der Heizkosten bzw. angenehmes Raumklima durch automatische Steuerung der Verdunklungssysteme.
  • Reduktion der Fahr- und Arbeitskosten für Handwerker, die die Wartung der Heizung extern vorbereiten können.
  • Reduktion des Stromverbrauchs durch smarte Steckdosen, die sich bei Nichtgebrauch ausschalten. Die Steckdosen geben eine genaue Auskunft zum Stromverbrauch der Geräte. Nutzerinnen und Nutzer erkennen damit "Stromfresser" schneller.
  • Reduktion der Energiekosten durch Einsatz von Smart Lights im Außenbereich, die das automatische Abstellen der Beleuchtung sicherstellen.
  • Wasserersparnis durch smarte Elemente beim Duschen. Möglich ist es, den Durchlauf der Wassermenge zu beschränken und entsprechend zu programmieren. Alternativ zeigt eine grüne, gelbe oder rote Beleuchtung des Duschkopfs den Wasserverbrauch beim Duschen an. Sensoren zwischen Duschkopf und Temperatureinstellung können auch feststellen, wie nah sich der Kopf der Person an der Brause befindet. Je weiter sie sich entfernt, desto weniger Wasser kommt aus dem Schlauch. Das System nimmt an, dass der Nutzer gerade nicht so viel Wasser benötigt, weil sich die Person beispielsweise einseift.

Sicherheit

Auch bei der Sicherheit der Wohnräume kann Smart Home einen Beitrag leisten, z. B. durch Einbruchsschutz, Feuer- oder Wassermeldung.
  • Überwachungskameras mit App: Die Bewohnerinnen und Bewohner erhalten im Falle eines Einbruchs sofort die Information und können die Polizei alarmieren. Dies ist vor allem bei Abwesenheit, z. B. im Urlaub, wichtig.
  • Das Einprogrammieren von Beleuchtung und Jalousien-Öffnung und -Schließung täuscht Tagesrhythmen vor. Die Abwesenheit der Bewohnerinnen und Bewohner ist nicht ersichtlich.
  • Smarte Bewegungsmelder unterscheiden, ob sich dem Haus ein Tier oder Mensch nähert. Es gibt weniger Fehlalarme.

Feuer- bzw. Wassermeldung

  • Eine App verbindet sich mit Rauchmeldern und meldet den Bewohnern eine Rauchentwicklung auf das Handy.
  • Die App kann alarmieren und Live-Bilder einblenden.
  • Waschmaschinen mit Wasserstandmelder warnen z. B. vor Wasserschäden.

Welche Nachteile haben Smart-Home-Systeme?

Sicherheit ist bei Smart Home sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil. Die Nachteile belaufen sich vor allem auf technische Defekte oder mögliche Hackerangriffe, die die Steuerung der Geräte in einem solchen Fall übernehmen würden.

Datenschutz

Die Datenschutzgrundverordnung gilt auch für Smart-Home-Betriebssysteme. Anbieter müssen nachweisen können, dass sie die Daten ihrer Kunden sicher speichern. Jedoch passen nicht alle Anbieter ihre Datenschutzmaßnahmen an die hohen Auflagen der EU-DSGVO an, da dies sehr zeitintensiv und kostspielig ist. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten beim Kauf eines Smart-Home-Systems daher darauf achten, dass der Anbieter ein gültiges Zertifikat für Datenschutz vorweisen kann. Eine Studie im Auftrag des Bundesforschungsministeriums zeigte, dass viele Hersteller nicht oder nur zu einem Teil datenschutzkonform informieren. Konkret testete die Studie Sprachsteuerungen, Beleuchtungssysteme und Kamerasysteme. Von 22 Geräten entsprachen 21 nicht den Vorgaben. Den Kunden sollte die Datenschutzerklärung leicht verständlich, kurz und in deutscher Sprache vorliegen. Wenige Anbieter hielten das vor allem im Bereich "Beleuchtungs- und Kamerasysteme" ein. Die Datenschutzrichtlinien waren sehr komplex und teilweise nur in englischer Sprache verfasst. Verbraucher wissen entsprechend oft nicht genau, was mit ihren privaten Daten geschieht.

Kosten

Die Kosten für Smart-Home-Betriebssysteme variieren je nach Einrichtungsumfang, Systemart und Größe des Hauses. Preise liegen zwischen 200 Euro und 40.000 Euro. Auch die Anzahl der verbundenen Geräte spielt dabei eine wichtige Rolle. Je mehr Geräte verbunden sind, desto höher ist der Preis. Muss das System mit speziellen Leitungen durch einen Hersteller installiert werden, verursacht dies zusätzliche Kosten. Die Kosten kann man reduzieren, wenn man sich nur einzelne Geräte mit smarten Funktionen anschafft.

Installationsaufwand

Beim Installieren können Nutzer zwischen geschlossenen und offenen Systemen wählen. Bei geschlossenen Systemen erfolgt die Vernetzung über WLAN oder Bluetooth. Dies setzt eine stabile Netzverbindung im Wohnort voraus. Die Erstinstallation des Systems stellt in der Regel kein Problem dar, jedoch können Erweiterungen durch zusätzliche Geräte oder Räume Schwierigkeiten verursachen. Damit ein geschlossenes Smart-Home-System funktioniert, müssen alle Geräte vom selben Hersteller sein. Nur so können diese miteinander vernetzt werden. Die Nutzer sind somit an einen Hersteller und an dessen Auswahl (an Geräten) gebunden.

Smart Home in der Praxis: Test der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT)

In einem Praxistest verglich die Projektgruppe der HSWT die Zubereitung von Pommes frites in einer smarten Heißluftfritteuse mit der Zubereitung von 250 Gramm Pommes frites im herkömmlichen Backofen. Die Heißluftfritteuse ließ sich mit einem Smartphone konfigurieren und nutzen. Neben acht voreingestellten Programmen besitzt die Heißluftfritteuse viele weitere Funktionen, wie z. B. eine Warmhaltefunktion, eine Benachrichtigungsfunktion und eine Datenbank mit Online-Rezepten, die über die App aufrufbar ist. Laut Werbeversprechen sollte das Gerät ein gesundes, fettarmes und zeitsparendes Kochen ermöglichen. Die Funktionen entsprachen allerdings nicht alle den Erwartungen der Projektgruppe.

Positive Aspekte

Es überzeugte die Energieeinsparung der Zubereitung im Vergleich zum Backofen. Die Zubereitung der Pommes im Backofen kostet 1,45 Euro, in der Fritteuse 0,53 Euro. Auch die Möglichkeit, das Gerät per App zu bedienen, ist ansprechend. Zudem überzeugten die leichte Handhabung und die Möglichkeit, Rezepte über einen Link einzusehen.

Negative Aspekte

Negativ fiel auf, dass ...
  • die Bedienung der Fritteuse über die App mehr Zeit in Anspruch nahm als die manuelle Nutzung. Bei der Zubereitung der Pommes mussten immer wieder Arbeitsschritte händisch erfolgen, so dass die Bedienung per App hinfällig wurde.
  • über das Gerät persönliche Daten gespeichert werden. Es ist über WLAN mit dem Smartphone verbunden. Auch Hackerangriffe sind somit möglich.
  • die Rezeptdatenbank nur über einen externen Link zugänglich ist. Nutzerinnen und Nutzer müssen also online gehen, um diese Funktion des smarten Geräts abrufen zu können. Der Hersteller kann so personalisierte Werbung anzeigen.
  • die Größe des Gerätes unpraktisch für kleine Küchen ist.
  • das Gerät sehr laut arbeitet.

Nach diesem Praxistest empfiehlt es sich daher – aus der Sicht der Studierenden – die Anschaffung des smarten Gerätes zu überdenken.