Annika | Mein Hüttensommer im Allgäu

Arbeiten, wo andere Urlaub machen, Sonnenauf- und -untergänge in den Bergen genießen, einmal fernab von der Heimat leben, Berufserfahrungen sammeln, für das Leben dazulernen und einfach eine unvergessliche Zeit haben... Das waren meine Gründe, mich für einen Sommer auf einer Berghütte zu bewerben. Auch einige meiner Freundinnen hatten das schon vor mir gemacht – und davon geschwärmt: "Annika, genieß es! Du wirst eine tolle Zeit haben!" Und sie hatten recht.

Aktualisiert am: 12.10.2023
Teilen Drucken
Selfie der Botschafterin Annika vor dem Breitenberg bei Pfronten.

Auf geht's auf den Berg!

Motiviert und voll bepackt mit meinen zwei Rucksäcken bestieg ich am 2. August den Breitenberg bei Pfronten. Den größten Teil der Strecke konnte ich mit der Bergbahn bzw. mit dem Sessellift zurücklegen. So war es nur noch ein Fußmarsch von ca. 30 Minuten bis zur Hütte, aber dieses Stück hatte es in sich! Oben angekommen genoss ich erst einmal den Ausblick und betrachtete die Hütte.

Das würde also mein Zuhause für die nächsten sechs Wochen werden ... ich war gespannt und freute mich auf die Zeit.

Vorstellungsrunde und Einarbeitung

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und Führung durch die Hütte bezog ich mein Bett im Fünf-Personen-Zimmer und machte es mir gemütlich. Viel Platz und Komfort gab es nicht, aber das war mir bereits vor meiner Anreise bewusst – und das ist auch das Besondere am Hüttenleben: Man muss mit dem zurechtkommen, was man zur Verfügung hat.

Annika belegt in der Küche eine Brotzeitplatte

Fürs Ankommen blieb nicht viel Zeit, denn schon am selben Abend stand ich das erste Mal in der Küche, um bei der Zubereitung des Abendessens zu helfen. Schließlich mussten bis zu 30 Übernachtungsgäste und das Personal versorgt werden. Die darauffolgenden Tage hieß es: Einarbeitung in die verschiedenen Aufgabenbereiche und Orientierung auf der Hütte. Wo lagern welche Lebensmittel? Wo finde ich neue Spültücher? Und wo ist der Schlüssel für das Nachfüllen des Toilettenpapiers?

Ostler-Hütte im Allgäu
Damit ihr euch meinen Arbeitsplatz, die Ostler-Hütte, besser vorstellen könnt, habe ich hier ein paar Informationen und Eckdaten für euch:
  • Die Ostler-Hütte ist eine bewirtschaftete Berghütte mit Übernachtungsmöglichkeiten, Erlebnis-Gastronomie und Hotel, jedoch keine Alm, d. h. ohne Tiere. Sie wird von Januar bis November bewirtschaftet.
  • Sie liegt auf dem Breitenberg bei Pfronten auf 1.838 m Höhe.
  • Insgesamt gibt es 32 Schlafplätze: Fünf Suiten mit einer Belegung von zwei bis vier Personen und ein Matratzenlager mit einer maximalen Belegung von zwölf Personen
  • Je nach Wetterlage versorgt die Ostler-Hütte bis zu 400 Tagesgäste, an meinem stärksten Tag waren es 344 Essen.
  • Der Innenbereich verfügt über 18 Tische für 4–6 Personen, der Außenbereich (Sonnenterrasse) über ca. 20 Bierzeltgarnituren für 8–10 Personen.
  • In der Sommersaison arbeiten 8–12 Personen auf der Hütte. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen waren Studierende oder hatten gerade die Schule bzw. ihre Aus- bzw. Fortbildung abgeschlossen.
    Stammpersonal bildeten der Wirt und seine Freundin.
  • Speisenauswahl: verschiedene Suppen, Brotzeitplatten und eine Auswahl aus fünf verschiedenen Hauptgerichten
    • Kaiserschmarrn mit Apfelmus und Puderzucker
    • Kässpatzen mit Röstzwiebeln
    • Hirschgulasch mit Spätzle und Blaukraut
    • Poke Bowl mit Reis, Gurke, Karotte, Radieschen, Mango, Ananas und nach Bedarf Lachs
    • Linsen-Dal mit Reis
Gedecktes Frühstücksbuffet in der Ostler-Hütte

Tagesablauf und Rituale

Ein Hüttenarbeitstag begann um 6.30 Uhr mit der Vorbereitung und dem Aufbau des Frühstücksbuffets. Diese Aufgaben übernahmen in der Regel zwei Personen. War das Frühstücksbuffet ab 7.30 Uhr eröffnet, wurde das Küchenteam um zwei bis drei weitere Personen ergänzt.

Gemeinsam bereiteten wir das Tagesgeschäft vor: Zutaten für die Speisenauswahl schneiden, Warmhaltebehälter und Ofen bestücken, Arbeitsplätze herrichten, ggf. Brot auftauen und schneiden, spülen.

Annika bedient

Während ein Teil des Personals in der Küche aktiv war, betreute eine Person das Frühstücksbuffet und die Gäste: Besondere Getränkewünsche erfüllen, Fragen zu Ausflügen oder Wanderrouten beantworten und eine gemütliche Atmosphäre schaffen. Zudem war es unsere Aufgabe, die Besuchertoiletten und den Trockenraum zu reinigen und – bei gutem Wetter – die Sonnenterrasse aufzubauen.

Annika bezieht Federkissen eines Bettes.

Um neun Uhr gab es für uns Frühstück – alle gemeinsam an einer großen Tafel: Reste vom Buffet und Müsli zum Start in den Tag. Dabei besprachen wir, wer welche Reinigungs- und Vorbereitungsaufgaben übernimmt. Aufgaben waren: Betten ab- und neubeziehen, Bäder reinigen, saugen, Frühstücksbuffet abbauen und spülen.

Waren unsere jeweiligen Tagesaufgaben erledigt, meldeten wir uns für das Tagesgeschäft in der Gastronomie zurück. Dabei durften wir immer unseren Wunsch für das heutige Einsatzgebiet äußern, wobei sich bei den meisten mit der Zeit ein klarer Lieblingsbereich aufzeigte. Grundsätzlich waren Posten in den Bereichen Küche, Spüle, Schank, Service und Austräger zu vergeben.

Annika hält eine belegte Brotzeitplatte in die Kamera.

Meine Passion: Brotzeitplatten legen

Mein liebstes Einsatzgebiet war die Küche. Meine Passion: Das Legen der Brotzeitplatten. Egal, ob Speckbrot, Landjäger, Bergkäse-Brot oder die große Brotzeitplatte für zwei Personen – im Laufe der Zeit wusste ich auswendig, wovon wie viel auf die Platte kommt. Beim Anrichten waren meiner Fantasie keine Grenzen gesetzt und das i-Tüpfelchen bildete stets die frische Deko-Blume auf jeder Platte.

In der Hochphase kam es schon einmal vor, dass mehrere große und kleine Brotzeitplatten gleichzeitig bestellt wurden. Mein persönlicher Highscore waren 21 große Brotzeitplatten an einem Tag. Da ist rationelles Arbeiten gefragt: Platz schaffen, alle Bretter auflegen, zuerst den Käse, dann die Wurst legen und zum Abschluss mit Gemüse und Butter ausfüllen. Über das Lob unserer Gäste für die schönen Brotzeitplatten habe ich mich immer sehr gefreut.

Halbpension und Tagesabschluss

Nachmittags hatten wir abwechselnd 1,5 Stunden Pause, um uns für den Rest des Tages zu stärken. Ich nutzte die freie Zeit gerne, um mich rauszusetzen, den Ausblick zu genießen und Sonne zu tanken. Mit Ende meiner Pause wurden auch die Tagesgäste weniger und wir begannen mit den Vorbereitungen für das Abendgeschäft. Unsere Übernachtungsgäste verpflegten wir mit Halbpension (Frühstück und Abendessen), zudem befüllten wir die Vorräte für den nächsten Tag, bauten einen Teil des Frühstückbuffets auf und bereiteten das Abendessen für das Personal zu.

Gedeckter Tisch mit Gemüse und Reisblättern zum Befüllen.

Unser gemeinsames Abendessen war ein wichtiges und gepflegtes Hüttenritual, das immer besondere Highlights mit sich brachte: Donnerstag war Gourmetabend mit einem 3-Gänge-Menü, das wir gemeinsam zubereiteten und anrichteten, dann gab es noch den Pizza-Freitag und den Nudel-Samstag.

Drei junge Leuten sitzen auf einem Felsen in den Bergen und betrachten den Sonnenuntergang.

Für die wenigen Restaufgaben nach dem Abendessen, wie Spülen, Kaffeemaschine reinigen oder Service, fanden sich immer drei bis vier Freiwillige. Der Rest hatte Feierabend. Diesen nutzten wir, um den Sonnenuntergang anzuschauen, eine Runde Karten zu spielen oder – in Decken gekuschelt – auf die Sternbilder und Sternschnuppen zu warten.

Ihr seht, ein Hüttentag hat es in sich und das waren nicht die einzigen Herausforderungen, die wir jeden Tag zu bewältigen hatten. Auch vor solchen Fragen, wie Lebensmittel, Tiefkühlware oder frische Wäsche auf den Berg kommen und Abfälle, Getränkekisten oder leere Bierfässer nach unten, standen wir täglich. Im zweiten Teil meines Hüttensommers erzähle ich euch von der Logistik auf der Ostler-Hütte und von meinen persönlichen Highlights im Allgäu. Also schaut rein! Eure Annika