
Informationen der Bayerischen Vertretung in Brüssel
In zweiwöchigem Turnus gibt die Bayerische Vertretung in Brüssel einen Bericht zu den wesentlichen europapolitischen Themen heraus. Die jeweiligen Kurzfassungen der Beiträge des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sind auf dieser Seite zusammengestellt.
Die ausführlichen "Europaberichte der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union in Brüssel" sind bei der Bayerischen Staatskanzlei abzurufen:
Europaberichte der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union in Brüssel externer LinkEuropabericht Nr. 02/2023 vom 24.02.2023
Das Plenum des Europäischen Parlaments (EP) nahm am 16.02.2023 eine Entschließung zur Verfügbarkeit von Düngemitteln in der EU mehrheitlich an. Darin fordert das EP die Kommission auf, die Versorgung mit Düngemitteln sicherzustellen, Maßnahmen zur Senkung der Preise zu ergreifen und die strategische Autonomie der EU bei Düngemitteln zu stärken. Düngemittel seien für die Ernährungssicherheit unerlässlich. Langfristig verlangen die Abgeordneten eine EU-Dünge(mittel)strategie und eine EU-Bodennährstoffstrategie bis Juni 2023. Die Abgeordneten forderten darüber hinaus, Importzölle für Düngemittel bzw. ihre Bestandteile abzuschaffen und langfristig diversifizierte Fruchtfolgen in der Landwirtschaft zu unterstützen, da diese eine Abhängigkeit von Düngemitteln senken. Ein gemeinsamer Einkauf von Düngemitteln auf EU-Ebene solle geprüft werden. Die Abgeordneten wiesen darauf hin, dass russisches Gas, das zur Herstellung von Düngemitteln verwendet werde, zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine beitrage und forderten daher, die Abhängigkeit von diesem Gas und von Import-Düngemitteln zu beenden. Dabei solle jedoch nicht eine Abhängigkeit durch eine andere ersetzt werden. Aber auch Stimmen im Hinblick auf den Ausstieg aus der Abhängigkeit von Mineraldünger wurden laut. Der Öko-Landbau sei bewährt und alleinig zukunftsfähig und müsse nun flächendeckend etabliert werden. Langfristig empfahlen die Abgeordneten, den Dekarbonisierungsprozess zu beschleunigen und fossilfreie und recycelte Nährstoffe zur Herstellung von Düngemitteln zu verwenden. Agrarkommissar Wojciechowski wies auf die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten hin, staatliche Beihilfen bereitzustellen, um die Verfügbarkeit von Düngemitteln zu sichern. Auch betonte er, dass für Ukraine-Nachbarländer eine Krisenreserve bereits vorbereitet wird. Er sieht im Moment keinen Handlungsbedarf für weitere Maßnahmen. Langfristig betonte er das Ziel, eine tragfähige und nachhaltige Düngemittelproduktion innerhalb der EU aufzubauen und daneben die Effizienz der Verwendung von Düngemitteln voranzutreiben, unter anderem durch Bodenverbesserung oder die Diversifizierung des Pflanzenanbaus.
Die Kommission hat am 17.02.2023 das EU-Neuseeland-Handelsabkommen dem Europäischen Rat zur Ratifizierung vorgelegt. Es werden große Vorteile von dem Abkommen erwartet: Das resultierende Wachstum des bilateralen Handels wird auf 30 % geschätzt; die jährlichen Exporte der EU sollen um 4,5 Mrd. € steigen. Dazu können Investitionen in Neuseeland um 80 % zunehmen und europäische Unternehmen etwa 140 Mio. € an Zöllen einsparen. Durch das Abkommen werden ab Inkrafttreten die Zölle auf die wichtigsten europäischen Exporte abgeschafft, insbesondere auf Schweinefleisch, Wein, Sekt, Schokolade, Zucker- und Backwaren. Ebenfalls werden europäische Weine und Spirituosen, sowie 163 geographisch indizierte Produkte auch in Neuseeland geschützt. Für sensible Sektoren werden schützende Regelungen getroffen, insbesondere für diverse Milchprodukte, Rinder- und Schweinefleisch, Ethanol und Zuckermais. In diesen Sektoren werde Zollsenkungen nur bis zu bestimmten Mengen zugelassen werden. Nach der Ratifizierung durch den Europäischen Rat kann das Abkommen unterzeichnet und dem Europäischen Parlament vorgelegt werden.
Die Kommission veröffentlichte am 13.02.2023 einen Abschlussbericht mit Empfehlungen des Europäischen Bürgergremiums für Lebensmittelverschwendung. Das Panel beriet im Anschluss an die Konferenz zur Zukunft Europas und besteht aus 150 zufällig ausgewählten Europäern, die laut Kommission repräsentativ für die Vielfalt der EU in Bezug auf Geografie, Geschlecht, Alter, sozioökonomischen Hintergrund und Bildungsniveau seien. Die Ideen der Bürger zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung konzentrieren sich auf kürzere Lieferketten, eine stärkere Sensibilisierung für das Problem und dessen Vermeidung sowie auf Kanäle zur Verwendung überschüssiger Lebensmittel. Der Text enthält 23 Empfehlungen in drei Rubriken, von denen die erste die Überschrift „Zusammenarbeit in der Lebensmittelwertschöpfungskette“, die zweite „Initiativen der Lebensmittelunternehmen“ und die dritte „Unterstützung der Änderung des Verbraucherverhaltens“ trägt. Die Kommission plant noch dieses Jahr einen Vorschlag für die Revision der Abfallrahmenrichtlinie zu veröffentlichen, um verbindliche Reduktionsziele für die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung festzulegen.
Annähernd 50 Abgeordnete (MdEPs) aus verschiedenen Fraktionen veröffentlichten am 13.02.2023 einen offenen Brief an Agrarkommissar Wojciechowski zur Überarbeitung der Honigrichtlinie. Ziel der Parlamentarier ist es insbesondere, den Import aus Drittstaaten besser zu regulieren und dadurch Verbraucher besser aufzuklären. Der importierte Honig ist oft deutlich billiger als der in der EU hergestellte. Daher sollen importierte Honigmischungen mit einem Etikett versehen werden, auf dem die einzelnen Herkunftsländer in absteigender Reihenfolge und ihr jeweiliger Anteil am Honig angegeben sind. Der Vorschlag zur Überarbeitung der Honigrichtlinie wird voraussichtlich im März 2023 von der Kommission angenommen. Nach den derzeit geltenden EU-Vorschriften muss auf den Honiggläsern das genaue Herkunftsland des Honigs angegeben werden. Bei Mischungen, die Honig unterschiedlicher Herkunft enthalten, ist dies jedoch nicht der Fall, so dass es für die Verbraucher schwierig ist, den wahren Ursprung des Honigs nachzuvollziehen.
Der EuGH entschied am 07.02.2023, dass die sogenannte In-vitro-Zufallsmutagenese bei Pflanzen nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/18 über genetisch veränderte Organismen (GVO-Richtlinie) erfasst ist. Bei der In-vitro-Zufallsmutagenese wird durch Strahlung und Chemikalien die Häufigkeit spontaner genetischer Mutationen lebender Organismen erhöht. Das Verfahren kann in vitro (die Mutagene wird auf Pflanzenzellen angewandt, die vollständige Pflanze wird anschließend künstlich zusammengesetzt) oder in vivo (die Mutagene wird auf die ganze Pflanze oder auf Pflanzenteile angewandt) eingesetzt werden. Anschließend wählen Züchter Pflanzen aus, die nützliche Eigenschaften aufweisen. Hintergrund des Verfahrens ist eine Klage von französischen Kleinbauern und NGOs mit dem Ziel, Produkte, die mit der In-vitro-Zufallsmutagenese entstanden sind, denselben Regelungen der GVO-Richtlinie zu unterwerfen wie andere transgene Pflanzen. Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass das Verfahren, welches die In-vitro-Kulturen betrifft, nicht unter die Anforderungen der GVO-Richtlinie fällt. Damit entfallen die in der GVO-Richtlinie grundsätzlich bestehenden Kennzeichnungspflichten. Zudem können die derart veränderten Organismen auch ohne umfassendes Prüfverfahren in Umlauf gebracht werden.
Die Kommission erließ am 02.02.2023 neue Vorschriften mit strengeren Rückstandshöchstmengen für Pflanzenschutzmittel. Bereits 2018 wurde die Verwendung der Chemikalien Clothianidin und Thiamethoxam, die zur Gruppe der Neonicotinoide gehören, im Freien verboten. Mit den neuen Vorschriften, welche die Durchführungsverordnungen 2018/784 und 2018/785 ändern, werden erstmals die bestehenden Rückstandshöchstwerte für diese Stoffe auf den niedrigsten Wert gesenkt, der mit den neuesten Technologien gemessen werden kann. Sie gelten für alle in der EU hergestellten Produkte, aber auch für importierte Lebens- und Futtermittel. Ziel ist es, dadurch dem Rückgang der Bestäuber entgegenzuwirken und die Umwelt zu schützen. Dies geschieht im Einklang mit dem Green Deal und der Farm to Fork-Strategie, welche auf nachhaltige Lebensmittelsysteme und den Schutz von Bestäubern abzielt. Die Maßnahmen werden für importierte Produkte ab 2026 gelten. Dies gibt Drittländern Zeit, die neuen Regeln einzuhalten.
Europabericht Nr. 02/2023 vom 24.02.2023 (PDF; 1,2 MB) externer LinkWeitere Europaberichte
Schweden hat am 01.01.2023 turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft für die kommenden sechs Monate von Tschechien übernommen und übergibt das Amt zum 01.07.2023 an Spanien (siehe hierzu auch Beiträge unter "Politische Schwerpunkte" und der übrigen Ressorts in diesem EB). Die schwedische Ratspräsidentschaft betont den Beitrag der grünen und blauen Wirtschaft zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050. Der Ratsvorsitz wird sich mit handelsbezogenen Agrarfragen befassen und der Rolle und dem Potenzial der Bioökonomie – allgemein der Kreislaufwirtschaft – Priorität einräumen. Die Präsidentschaft plant, die Verhandlungen bezüglich der Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie die Wiederherstellungsverordnung voranzutreiben. Der schwedische Ratsvorsitz wird außerdem die Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen zu einer Priorität machen und den Vorschlag für ein Zertifizierungssystem für die Kohlenstoffabscheidung und -bindung vorantreiben. Darüber hinaus wird die Präsidentschaft Gespräche sowohl über den Vorschlag zur Überarbeitung der Rechtsvorschriften für Saatgut und pflanzliches und forstliches Vermehrungsmaterial als auch über den bevorstehenden Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung der Rechtsvorschriften für Pflanzen, die mit bestimmten neuen Genomtechniken erzeugt wurden, aufnehmen. Die Arbeit im Rahmen des Agrarrats werde auch 2023 von den Entwicklungen der russischen Aggression gegen die Ukraine beeinflusst werden, was Fragen der Nahrungsmittelerzeugung und der Ernährungssicherheit weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung stehen lassen. Der Mangel an Düngemitteln und die allgemein hohen Betriebsmittelkosten stellen eine Herausforderung für die kommende Erntesaison dar. Die Präsidentschaft beabsichtigt, alle Vorschläge und Initiativen zur Stärkung der europäischen Nahrungsmittelproduktion weiterzuverfolgen. Die Präsidentschaft möchte die Verhandlungen über die Revision der geschützten geografischen Angaben vorantreiben. Darüber hinaus wird sie die Verhandlungen im Rat über den Vorschlag für ein Netzwerk für Nachhaltigkeitsdaten landwirtschaftlicher Betriebe intensivieren. Die Schweden wollen die Verhandlungen zur Überarbeitung der Verordnung über die Verbraucherinformation über Lebensmittel und die Bestimmungen zur Lebensmittelkennzeichnung vorrangig behandeln. Diese Vorschläge sind ein wichtiger Teil der Farm to Fork-Strategie und spielen eine wichtige Rolle dabei, Verbrauchern zu helfen, sich bewusst für nachhaltig erzeugte Lebensmittel zu entscheiden. Der Vorsitz möchte im Rat Beratungen über das Waldmonitoring und die Etablierung von Strategieplänen einleiten. Die Präsidentschaft möchte die Umsetzung der EU-Waldstrategie vorantreiben und sicherstellen, dass das Gleichgewicht zwischen den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gewahrt bleibt.
Die tschechische Ratspräsidentschaft (CZ PRES) hat am 19.12.2022 einen Rückblick auf ihre Präsidentschaft im Rat für Landwirtschaft und Fischerei (AGRIFISH) vorgenommen und hob vor allem die Errungenschaft des aus eigener Sicht fairen Ansatzes zur Reduzierung des Pflanzenschutzmittelverbrauchs, das Gesetz über entwaldungsfreie Lieferketten sowie die Unterstützungsmaßnahmen für Landwirte und Verbraucher in der EU und in Entwicklungsländern im Sinne der Ernährungssicherheit vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine hervor. Während der Präsidentschaft hielt die Tschechische Republik insgesamt fünf formelle Räte in Brüssel und ein informelles Treffen der Landwirtschaftsminister in Prag ab. Gleichzeitig fanden 15 weitere informelle Veranstaltungen auf Ministerebene statt, an denen EU-Experten sowie Gäste aus Drittländern teilnahmen. Laut CZ PRES lag es an ihren intensiven Bemühungen, dass die Kommission in diesem Jahr alle nationalen GAP-Strategiepläne genehmigen konnte. Dies sei wichtig für die Ausrichtung der europäischen Landwirtschaft bis zum Jahr 2027. Die EU könne trotz Gewährleistung der Ernährungssicherheit die großen politischen Leitlinien der Erhaltung der Landschaft sowie eines guten Wasser- und Bodenzustandes verwirklichen. Tschechien betont seine Rolle als Vermittler bei den Diskussionen hinsichtlich des Verordnungsvorschlags zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die Ratsentscheidung zur Aufforderung der Kommission, eine weitere Folgenabschätzung vorzulegen, erfolgte auf tschechischer Initiative. Ziel sei es, die Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel zu reduzieren und gleichzeitig eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion zu erhalten. Unter der CZ PRES wurde eine politische Einigung über die Verhinderung der Entwaldung erzielt, die über die gesetzten Ziele hinausgeht. Das Thema Ernährungssicherheit wurde zum Hauptthema erklärt und in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit und Bedeutung neuer genomischer Techniken für die Zukunft der Landwirtschaft hervorgehoben. Tschechien habe die Debatte über den bevorstehenden Legislativvorschlag zur Einführung einer obligatorischen Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung (sog. Nutri-Score) angestoßen.
Die Kommission hat am 16.12.2022 ihr Arbeitsprogramm zur Absatzförderung für 2023 veröffentlicht und kündigt darin an, rund 186 Mio. € zur Finanzierung von Absatzförderungsmaßnahmen für nachhaltige und hochwertige Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse in der EU und weltweit bereitstellen zu wollen. Damit sollen die politischen Ziele der Kommission für den Zeitraum 2019 - 2024 in die Tat umgesetzt werden, insbesondere die Farm to Fork-Strategie. Die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für die anstehenden Kampagnen für 2023 werden im Januar 2023 von der Europäischen Exekutivagentur für die Forschung veröffentlicht und richten sich an Branchenverbände und Erzeugerorganisationen (EOs), die sich mit Absatzförderung beschäftigen. Sie können dann Finanzmittel beantragen. Das Programm sieht vor, landwirtschaftliche Erzeugnisse zu fördern, die Nachhaltigkeit, die Verbesserung des Tierwohls und den Verzehr von Obst- und Gemüse hervorzuheben. Verschiedene Kampagnen sollen Verbraucher in der EU und weltweit über EU-Qualitätssiegel wie geschützte geographische Angaben und biologische Erzeugnisse informieren. Die Hälfte der Mittel gehen in den EU-Binnenmarkt, die andere Hälfte an Drittländer. Außerhalb der EU werden damit das Vereinigte Königreich (dorthin gehen weiterhin 25 % der EU-27-Ausfuhren) und vor allem Wachstumsmärkte wie China, Japan, Südkorea, Singapur sowie auch Nordamerika bedient. Potenzial für europäische Exporte haben auch Neuseeland und Australien.
Das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) veröffentlichte am 12.01.2023 seine ersten Schätzungen zu den jährlichen Preisen in der Landwirtschaft für das Jahr 2022. Laut Eurostat sind die Preise im vergangenen Jahr für fast alle wichtigen Produktkategorien und die wichtigsten landwirtschaftlichen Betriebsmittel deutlich höher ausgefallen als 2021. Der Durchschnittspreis für landwirtschaftliche Erzeugnisse ist in der EU 2022 im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 24 % angestiegen. Als die drei Hauptgründe nennt Eurostat den Angriff Russlands auf die Ukraine, die weit verbreitete Trockenheit im Sommer 2022 und den vor allem durch die hohen Energiekosten ausgelösten Inflationsdruck. Den stärksten Anstieg gab es bei Getreide mit einem Plus von 45 %. Bei Eiern und Milch legten die Preise im Schnitt um 43 % beziehungsweise 31 % zu. Tatsächlich gab es Preiserhöhungen für alle Produktgruppen, mit Ausnahme von Obst (- 3 %).
Die Kommission hat am 21.12.2022 ihren Bericht über die Handelsbilanz des Agrar- und Lebensmittelhandels für den Monat September 2022 veröffentlicht. Sowohl die Agrar- und Lebensmittelausfuhren als auch die Einfuhren der EU stiegen im September 2022, was mit rund 36 Mrd. € erneut zum Höchststand der monatlichen Handelsströme der EU im Jahr 2022 führte. Auch die Handelsbilanz der EU hat im selben Monat mit rund 6 Mrd. € wiederholt einen Jahreshöchstwert erreicht. Die Ausfuhren haben seit Jahresbeginn zugenommen und erreichten in September einen Wert von rund 21 Mrd. € (+ 3 % im Vergleich zum Vormonat), der Wert der Einfuhren belief sich auf rund 16 Mrd. € (+ 3 %).nDie USA sind einer der wichtigsten Handelspartner der EU im Bereich Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse. Um die Zusammenarbeit in landwirtschaftlichen Fragen, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, zu vertiefen, haben die Kommission und das US-Landwirtschaftsministerium im November 2021 eine Kooperationsplattform für die Landwirtschaft eingerichtet. Im Laufe des Jahres 2022 fanden gemeinsame Workshops zu den Themen Produktivität, Bodengesundheit, Lebensmittelsicherheit und Treibhausgasemissionen statt, die im Dezember in einer breit angelegten Diskussion zwischen Interessenvertretern aus der EU und den USA gipfelten.
Die EU-Agrarminister einigten sich auf einen Beschluss, in dem die Kommission aufgefordert wird, eine ergänzende Studie zu ihrer bestehenden Folgenabschätzung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) vorzulegen. Der Beschluss wurde am 19.12.2022 im Rahmen des Rates für "Verkehr, Telekommunikation und Energie" formal getroffen, nachdem auf dem Agrarrat am 12.12.2022 noch keine Einigung erzielt werden konnte. Die Mitgliedstaaten begrüßen die Ziele des SUR-Vorschlags, bis 2030 den Einsatz und die Risiken von Pflanzenschutzmitteln (PSM) auf EU-Ebene um 50 % zu reduzieren. Da sich die von der Kommission vorgelegte Folgenabschätzung jedoch auf Daten stützt, die vor dem Ausbruch des russischen Krieges in der Ukraine erhoben und analysiert wurden, sind die Mitgliedstaaten besorgt, dass die langfristigen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Agrarsektors nicht ausreichend berücksichtigt werden. Der Rat fordert daher ergänzende Daten, um die Ernährungssicherheit als zentrales Ziel der Landwirtschaft zu gewährleisten. Die Kommission wird ersucht, die erforderlichen Daten so bald wie möglich, spätestens jedoch sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten, vorzulegen. Um den Prozess nicht zu verlangsamen, wird in dem Beschluss betont, dass die Arbeiten auf technischer Ebene zu Fragen, die nicht von der Anforderung zusätzlicher Daten betroffen sind, fortgesetzt werden. Deutschland hat gegen diese Ratsentscheidung gestimmt und eine Protokollerklärung abgegeben, Dänemark hat sich enthalten.
Die Kommission hat am 04.01.2023 eine Analyse der Kommissionsdienststellen zu den wichtigsten Faktoren, die die Ernährungssicherheit beeinflussen, veröffentlicht und darin festgestellt, dass die Lebensmittelversorgung in Europa ausreichend gesichert ist, die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit in Verbindung mit der Preisstabilität jedoch zunehmend unsicherer werden. Das Arbeitspapier untersuchte u. a. die Auswirkungen von Klimawandel, Umweltzerstörung, den wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 und Russlands Einmarsch in der Ukraine auf die Ernährungssicherheit. Rechtlicher Hintergrund: Die Gewährleistung der Verfügbarkeit von und des Zugangs zu Lebensmitteln für die Verbraucher zu angemessenen Preisen sind Ziele, die in Art. 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegt sind. Das Inflationsniveau bei Lebensmittelpreisen lag im Oktober 2022 bei 18 %. Das bedeutet, dass Haushalte einen größeren Teil ihres Budgets für Lebensmittel ausgeben müssen, was die Qualität der Ernährung beeinträchtigen kann. Während die schwersten Formen des Hungers, einschließlich Unterernährung, in der EU selten sind, hat die selbstberichtete mittlere oder schwere Ernährungsunsicherheit ("food insecurity") in der EU zwischen 2019 und 2020 zugenommen.
Die Kommission hat sich in einer am 03.01.2023 veröffentlichten Antwort auf eine Petition für die Aussetzung des Mercosur-Abkommens für eine Garantie der Einhaltung von EU-Gesundheits- und Lebensmittelstandards ausgesprochen. Sie sieht das Abkommen mit den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay) als Notwendigkeit im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit in Europa und den Export europäischer Güter und misst dem Abkommen einen sehr hohen wirtschaftlichen, wie geostrategischen Stellenwert zu. Eine im Grundsatz gleichlautende Antwort gab die Kommission bereits im Jahr 2021 auf eine Petition. Die Relevanz und Bedeutung sieht sie sogar als noch gestiegen an, da das Abkommen den wirtschaftlichen Aufschwung nach COVID-19 und den grünen Wandel unterstützen sowie die Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine abmildern könne. So sei das Abkommen für die EU auch ein Instrumentarium, die Mercosur-Staaten etwa bei der biologischen Vielfalt oder den Arbeitnehmerrechten zu unterstützen. Die Kritiker sehen hingegen in den meisten Bereichen Verschlechterungen durch das Abkommen. Die EU möchte – vor allem vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, aber auch für mehr Unabhängigkeit von China – ihre Handelsströme diversifizieren. Europäische Landwirte sind besorgt, dass billigere südamerikanische Produkte wie Rind- und Geflügelfleisch, Zucker oder Ethanol für Biokraftstoffe den Markt überschwemmen. Mehrere nationale Parlamente haben bereits erklärt, dass sie das Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form ablehnen werden. Ein weiteres großes Thema ist die Entwaldung zur Futtererzeugung, vor allem im brasilianischen Amazonasgebiet, die von einigen EU-Staaten und NGOs angeprangert wird. Da das Problem auch der Kommission zunehmend Sorge bereitet, will sie mit den Mercosur-Ländern in naher Zukunft einen zusätzlichen Text aushandeln, der mehr Nachhaltigkeitsverpflichtungen enthalten würde. Dies ist auf beiden Seiten des Verhandlungstisches weiterhin ein politisch heikles Thema. Aktuell laufen keine Verhandlungen. Laut Kommission werden auf EU-Seite gerade technische Fragen geklärt, um den handelspolitischen Teil des Abkommens sowie die rechtliche Überarbeitung der Texte abzuschließen.
Die Kommission hat am 19.12.2022 ihre dritte Konsultation gestartet, um die Wirksamkeit der EU-Maßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken in der Lieferkette des Agrar- und Lebensmittelsektors zu bewerten. Die Umfrage richtet sich an Landwirte, Selbstständige und Unternehmen, die in der Produktion, dem Vertrieb, der Verarbeitung oder dem Großhandel in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette tätig sind. Rückmeldungen sind möglich bis 15.03.2023. Die Antworten sollen relevante Aussagen über die Entwicklung der EU-Politik nach der Umsetzung der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in den Jahren 2021 und 2022 liefern. Die Lebensmittelerzeugung und -vermarktung sind aufgrund des eklatanten Ungleichgewichts zwischen kleinen und großen Akteuren anfällig für unfaire Handelspraktiken. Landwirte, kleine Erzeugerorganisationen oder andere kleine Vereinigungen haben oft nicht genügend Verhandlungsmacht. Um sie besser zu schützen, sollen mit der Richtlinie 16 unlautere Handelspraktiken unterbunden werden.
Die Kommission hat am 10.01.2023 eine öffentliche Konsultation zu Leitlinien zur Ausgestaltung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen in der Landwirtschaft veröffentlicht. Mit der neuen GAP ab 2023 haben das Europäische Parlament und der Rat eine neue Ausnahme von Wettbewerbsvorschriften für landwirtschaftliche Erzeugnisse angenommen. Die neue Ausnahme ist in der Verordnung 2021/2117 enthalten, mit der Art. 210a der GMO-Verordnung geändert wurde. Durch diesen Artikel werden Vereinbarungen zugelassen, die darauf abzielen, einen höheren Nachhaltigkeitsstandard anzuwenden als er durch das Unionsrecht oder nationales Recht vorgeschrieben ist. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass mit diesen Vereinbarungen lediglich Wettbewerbsbeschränkungen auferlegt werden, die für das Erreichen der betreffenden Ziele unerlässlich sind. Die Kommission wird die Stellungnahmen auswerten und die Leitlinien bis zum 08.12.2023 ausarbeiten. Darüber hinaus plant die Kommission, im Juni 2023 einen Workshop mit den Teilnehmern dieser öffentlichen Konsultation abzuhalten, um die Erörterung über den Textentwurf fortzuführen und noch offene Fragen zu klären. Rückmeldungen sind möglich bis 24.04.2023.
Vom 16. - 18.12.2022 wurde in Brüssel im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas die eröffnende Tagung des ersten Bürgerforums für eine Verringerung der Lebensmittelverschwendung abgehalten. Die Vorschläge des Meinungsaustausches sollen auch in die Legislativvorschläge der Kommission und damit schließlich in die EU-Gesetzgebung einfließen. Das Anliegen, weniger Müll zu produzieren, insbesondere im Lebensmittelsektor, findet sich in den EU-Zielen für weniger Lebensmittelverschwendung und auch im Arbeitsprogramm der Kommission für 2023 von Oktober 2022 und wurde dort mit einem Gesetzgebungsvorschlag bedacht. Mit den Zielen und Maßnahmen soll die Farm to Fork-Strategie verwirklicht werden. 2020 wurden in der EU knapp 57 Mio. t Lebensmittel weggeworfen, was 127 kg pro Person entspricht. 55 % der Verschwendung entfällt dabei auf private Haushalte. Das Wegwerfen von Lebensmitteln ist für rund 5 % der CO2-Emissionen der EU verantwortlich. Gemäß den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung will die EU die Lebensmittelverschwendung pro Kopf bis 2030 weltweit halbieren. Mit den bisherigen Maßnahmen in der EU ist die Verwirklichung dieses Ziels jedoch nicht erreichbar, weshalb ein neuer Legislativvorschlag vorgelegt werden soll, dessen Annahme EU-weite, rechtsverbindliche Maßnahmen durchsetzen wird. Mitgliedstaaten sollen damit zu ehrgeizigen Maßnahmen verpflichtet werden.
Die Kommission hat am 16.12.2022 eine deutsche Beihilferegelung über 648 Mio.€ genehmigt, um nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken in Schutzgebieten zu fördern. Sie steht mit den EU-Beihilfevorschriften, insbesondere der Rahmenregelung für staatliche Beihilfe in der Land- und Forstwirtschaft und in ländlichen Gebieten, im Einklang. Die Regelung soll Landwirte für zusätzliche Kosten und Einkommensverluste entschädigen, die sich aus Nutzungsbeschränkungen bzw. dem Nutzungsverbot bestimmter Erzeugnisse in Gebieten ergeben, die unter besonderem Schutz zur Erhaltung der biologischen Vielfalt stehen. Im Rahmen der Bestimmung werden Beihilfen in Form von Zahlungen an Betriebe gewährt, die im primären Agrarsektor tätig sind und in den Schutzgebieten arbeiten, die unter die Habitats- und der Vogelschutzrichtlinie fallen. Die Regelung hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2027.
Die Kommission hat am 10.01.2023 eine französische Beihilfenregelung im Umfang von 215 Mio. € zur Unterstützung der Einstellung der Verwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine genehmigt. Die Regelung wurde auf der Grundlage des Vorübergehenden Krisenrahmens für staatliche Beihilfen genehmigt, der von der Kommission am 23.03.2022 angenommen wurde. Im Rahmen dieser Regelung wird die Beihilfe in Form einer Steuergutschrift in Höhe von 2.500 € pro Jahr und Begünstigtem gewährt, wenn dieser sich verpflichtet, keine Pflanzenschutzmittel auf Glyphosatbasis mehr zu verwenden. Die Beihilfe gilt für die Sektoren Ackerbau, Obstbau und Weinbau. Ziel dieser Regelung ist es, einen Teil der wirtschaftlichen Folgen abzumildern, die mit der Einstellung der Verwendung von Glyphosat in landwirtschaftlichen Betrieben in den Jahren 2022 und 2023 verbunden sind und durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine verstärkt werden.
Die Fachgruppe Lebensmittelbiotechnologie der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA) spricht sich in einem Positionspapier vom Dezember 2022 für mehr biotechnologische Lösungen im Agrar- und Lebensmittelbereich aus, um die Ernährungssicherheit weltweit nachhaltiger und sicherer zu gestalten. Das Positionspapier mit dem Titel "Biotechnologie als Chance für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion" zeichnet den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnologie nach und fordert die Politik auf, sich für eine sachgerechte, ideologiefreie und differenzierte Regelung“ einzusetzen, die neue genomische Techniken (NGT) berücksichtigt. Speziell die gezielte Mutagenese und Cisgenese, bei denen keine artfremde DNA in Organismen eingebaut wird, solle von den bisherigen Vorschriften für genveränderte Organismen (GVO) ausgenommen werden. So könnten neue Proteinquellen erschlossen, durch Präzisionsfermentation Produktionskosten reduziert, Landfläche eingespart sowie Produkte für Allergiker mittels maßgeschneiderter Enzyme zur Verfügung gestellt werden. NGT bieten also die Möglichkeit, ein hohes Schutzniveau für Mensch, Tier und Umwelt zu gewährleisten und gleichzeitig – als Hauptziel – zur Erreichung der Ziele des Europäischen Green Deals und der Farm to Fork-Strategie beizutragen. Damit könnte ein wichtiger Beitrag zu den großen Herausforderungen des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung geleistet werden. Einige Wissenschaftler und Interessenträger sind indes der Ansicht, dass die Vorteile der NGT hypothetisch und mit anderen Mitteln als der Biotechnologie zu erreichen sind. Unter anderem wird bezweifelt, dass der Einsatz von NGT schneller zu Resultaten führt als die konventionelle Pflanzenzüchtung. Insbesondere aus dem biologischen Sektor kommen Bedenken. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam in ihrem Beitrag zur Studie von 2021 zumindest zu dem Schluss, dass durch gezielte Mutagenese und Cisgenese gewonnene Pflanzen das gleiche Risikoprofil aufweisen können wie Pflanzen, die durch konventionelle Züchtung erzeugt wurden.
195 Länder und die EU haben am 19.12.2022 auf der UN-Biodiversitätskonferenz COP15 (Conference of Parties) im kanadischen Montreal/Kunming ein Abkommen über die biologische Vielfalt unterzeichnet, das globale Ziele und Vorgaben zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur für heutige und künftige Generationen ausgibt und die nachhaltige Nutzung der Natur sowie Investitionsförderungen in eine grüne Weltwirtschaft enthält (siehe hierzu auch Beitrag des StMUV in diesem EB). Die EU hat, vertreten durch Umweltkommissar Sinkevičius und Vertretern der tschechischen Ratspräsidentschaft, zentrale Forderungen eingebracht. Das Abkommen, das auch "Globaler Rahmen für die biologische Vielfalt" genannt wird, ist ein solider Rahmen mit einigen messbaren Zielen und Vorgaben sowie Überwachungs-, Berichts- und Überprüfungsregelungen zur Verfolgung der Fortschritte, ergänzt durch ein Paket zur Mobilisierung von Ressourcen. Innerhalb der Rahmenvereinbarung wurde ein globaler Biodiversitätsfonds geschaffen, der als Kompromiss innerhalb des bereits bestehenden Finanzmechanismus, der Globalen Umweltfazilität, eingerichtet wird. Die vertragsunterzeichnenden Parteien müssen die Rahmenvereinbarung nun durch nationale und internationale Maßnahmen umsetzen. Vor der nächsten COP im Jahr 2024 müssen alle Länder aktualisierte nationale Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne sowie nationale Biodiversitätsfinanzierungsstrategien ausarbeiten.
Europabericht Nr. 01/2023 vom 23.01.2023 (PDF; 1 MB) externer LinkDie EU-Agrarminister trafen sich vom 11. - 13.12.2022 in Brüssel. Für Deutschland hat die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Ophelia Nick teilgenommen. Die Minister verschafften sich einen Überblick über die Marktlage in den Mitgliedstaaten, insbesondere im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, der die Landwirte und die Weltmärkte unter einen noch nie dagewesenen Druck und Unsicherheit setzt. Die Minister betonten ferner die kritische Situation hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Düngemitteln und die Auswirkungen, die dies auf die allgemeinen Ernteaussichten für 2023 haben könnte, da viele Landwirte wahrscheinlich ihren Düngemitteleinsatz reduzieren würden. Die Minister tauschten sich außerdem über die Möglichkeit aus, die Agrarreserve für 2023 zu nutzen, und wiesen auf die Auswirkungen der hohen Lebensmittelpreise auf die Verbraucher hin. Die Minister führten einen Gedankenaustausch über die Strategiepläne der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und erklärten sich bereit, diese ab Januar 2023 konsequent umzusetzen, wobei das erste Jahr eine besondere Herausforderung darstellen würde. Die Mitgliedstaaten äußerten Unsicherheit bezüglich der Annahme der sog. Öko-Regeln durch die Landwirte. Viele Minister betonten, dass die Aspekte der Ernährungssicherung bei nächster Gelegenheit verstärkt Berücksichtigung finden sollten und sie bereits Änderungen bei den Strategieplänen planen würden. Die tschechische Präsidentschaft präsentierte ihren Fortschrittsbericht zum Kommissionsentwurf zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR). Die Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes sei auch ein Bürgeranliegen, da es u. a. auch um Gesundheitsaspekte gehe. Die Mitgliedstaaten würden daher das grundsätzliche Ziel der SUR unterstützen, hätten aber einigen Klärungsbedarf. Insbesondere wünschten sie sich weitere Informationen durch die Kommission, u. a. zu den Auswirkungen (Folgenabschätzung) auf die Ernährungssicherheit. Eine entsprechende Bitte werde alsbald durch den Rat als Entscheidung verabschiedet. Die Definition der sensiblen Gebiete und die hierfür vorgesehenen Vorschriften seien ein weiteres heikles Thema. Kommissarin Kyriakides (GD SANTE) verwies ebenfalls auf die Erfordernis der Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, zeigte sich allerdings gleichzeitig offen für einen konstruktiven Austausch. Der Entwurf sei eine Verhandlungsbasis. Ob sie der Bitte der Mitgliedstaaten nach weiteren Daten folgen wird, blieb insoweit offen. Vielmehr nahm sie Rat und Europäisches Parlament in die Pflicht; es obliege diesen, einen Kompromisstext zu erarbeiten. Deutschland unterstrich die Bedeutung der SUR mit Blick auf Fortschritte beim Schutz der biologischen Vielfalt und der Umwelt, auch wenn Deutschland selbst noch einigen Klärungsbedarf hinsichtlich mancher Aspekte wie der sensiblen Gebiete habe. Die Minister erörterten öffentlich die Bewertung der aktuellen Tierschutzgesetzgebung und betonten die Notwendigkeit, die aktuelle Gesetzgebung – insbesondere auch was Tiertransporte betrifft – zu überarbeiten. Der Vorsitz informierte über den Stand der Überarbeitung der Verordnung über geografische Angaben (g.g.A.) und Qualitätsregelungen. Noch offen seien die Positionen in Bezug auf das Europäische Amt für geistiges Eigentum (EUIPO). Ferner erörterten die Agrarminister die Kennzeichnung von Lebensmitteln auf der Vorderseite der Verpackung ("Front of Pack Labelling") und die Nachhaltigkeitskennzeichnung. Der Diskurs verlief insbesondere entlang der Frage, wie in diesem Kontext das in einigen Ländern, darunter Deutschland, bereits angewandte Nutri-Score-System zu bewerten sei.
Mit der förmlichen Annahme der neuen GAP-Rechtsvorschriften am 02.12.2022 und der Genehmigung des Strategieplans für die Niederlande am 13.12.2022 und damit aller 28 Strategiepläne der EU-Mitgliedstaaten (einer für jedes EU-Land und zwei für Belgien) durch die Kommission steht der operationalen Phase der neuen GAP, die am 01.01.2023 startet und bis 2027 läuft, nichts mehr im Wege. Die neue GAP wird mit 307 Mrd.€ ausgestattet, 86 % davon kommen aus EU-Mitteln. Kernanliegen der Reform ist die Unterstützung von Landwirten beim Übergang zu einem nachhaltigen und resilienten Agrarsektor und gleichzeitig der Erhalt der ländlichen Gebiete. Die Strategiepläne werden im gesamten Zeitraum überwacht und wenn erforderlich angepasst. Die Direktzahlungen mit rund 20 Mrd. € jährlich sind nach wie vor das Rückgrat der GAP zur Einkommenssicherung der Landwirte. Sie sind jedoch an strengere Standards des "guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands" (GLÖZ) gebunden, die auf fast 90 % der landwirtschaftlichen Fläche der EU Anwendung finden. Kleine und mittlere Betriebe werden in 25 EU-Staaten dank einer Umverteilungsprämie eine höhere Einkommensunterstützung erfahren. Junglandwirten wird in jedem nationalen Strategieplan eine übergeordnete Rolle eingeräumt. Alle Mitgliedsstaaten gingen über die Mindestanforderung von 3 % der Direktzahlungen für den Generationenwechsel hinaus und unterstützen so Junglandwirte mit über 8 Mrd. € in den ersten Jahren. Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf dem Land sind die GAP-Zahlungen auch erstmals an die Einhaltung bestimmter Sozial- und Arbeitsstandards geknüpft. Spezielle Risikomanagementinstrumente werden ins Leben gerufen. Drei von zehn spezifischen Zielen der GAP betreffen Umwelt und Klima. 32 % der GAP-Mittel oder 98 Mrd. € werden für die Umsetzung von Umweltmaßnahmen in den Bereichen Klima, Wasser, Boden, Luft, Artenvielfalt und Tierschutz sowie der Förderung von Verfahren der sog. zweiten Säule bereitgestellt, die über die verpflichtende Konditionalität hinausgehen. Die Förderung für die ökologische Landwirtschaft verdoppelt sich im Vergleich zu 2018. Die nationalen Pläne sehen bis 2030 einen Anteil der ökologischen Landwirtschaft an der Gesamtlandwirtschaft von 5 bis 30 % vor. Landwirte sollen dazu bewegt werden, ökologische und weniger intensive Bewirtschaftungsmethoden anzuwenden wie etwa die extensive Grünlandbewirtschaftung, den Anbau von Leguminosen, organische Düngung oder Agroforstwirtschaft. Damit soll Kohlenstoff im Boden und in Biomasse gespeichert und die Treibhausgasemissionen gesenkt werden.
Die Kommission gab am 08./09.12.2022 auf der Outlook-Konferenz in Brüssel einen Überblick über die Aussichten für die wichtigsten Agrarmärkte, die Einkommensentwicklung und das Umfeld des Agrarsektors und stellte einen Bericht mit einem Ausblick bis 2032 vor. Agrarkommissar Wojciechowski verwies in seiner Eröffnungsrede auf zwei strukturelle Grundprobleme der EU-Landwirtschaft, die auch im Bericht zu finden sind: den Rückgang von Familienbetrieben und das steigende Durchschnittsalter der Landwirte. Die Ernährungssicherheit ist ein Schwerpunkt des Berichts, zusammen mit einer Szenarioanalyse zu extremen Wetterereignissen und zu einem geringeren Viehbestand. Mögliche Szenarien können in einem online eingerichteten Dashboard getestet werden, das eine breite Palette von Indikatoren wie Wetter- und Dürreereignisse, Fracht- und Energiekosten, die Entwicklung von Tierkrankheiten, mögliche Handelsbeschränkungen und die Auswirkungen von Inflation bündelt. Ein spezieller Überwachungsteil des Dashboards enthält Daten zu den Selbstversorgungsraten der wichtigsten Agrarrohstoffe sowie zu den Anteilen der EU und der Mitgliedstaaten an den Einfuhren dieser Rohstoffe und Düngemittel. Um ein widerstandsfähiges Lebensmittelsystem zu schaffen, brauche es laut Kommission ein solides Instrumentarium im Rahmen der GAP und der nationalen Strategiepläne, um die Landwirte besser zu unterstützen und ihnen zu helfen, eine nachhaltige Ernährungssicherheit für die Gesellschaft zu gewährleisten.
Das Europäische Parlament (EP) hat am 13.12.2022 den Bericht als Reaktion auf die Mitteilung der Kommission über "eine langfristige Vision für ländliche Gebiete 2040" vom Juli 2021 mit 465 Stimmen bei 29 Gegenstimmen und 131 Enthaltungen angenommen. Die Abgeordneten fordern die Kommission auf, den ländlichen Gebieten der EU mehr Aufmerksamkeit zu schenken, sich den Herausforderungen zu stellen und bedauerten, dass die Mitteilung so spät vorgelegt wurde und somit keinen Eingang in die aktuelle Finanzplanung findet. Das EP fordert, dass sofortige Maßnahmen mit klaren und erreichbaren Zielen ergriffen werden müssen: höhere Mindestlöhne, gute Arbeitsbedingungen und soziale Integration aller Bürgerinnen und Bürger, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis – beispielsweise in landwirtschaftlichen Entscheidungsgremien – und die Verringerung der Frauenarbeitslosigkeit. Bevölkerungsrückgang und Überalterung wurden als Herausforderungen für die Ernährungssicherheit identifiziert. Zudem wurden grundlegende Probleme beim Zugang zu Dienstleistungen festgestellt und die Kommission aufgefordert, Hindernisse zu beseitigen, die die Koordinierung zwischen EU- und nationalen Finanzierungsinstrumenten blockieren. Das Parlament unterstrich die Wichtigkeit der Einführung eines Mechanismus, mit dem EU-Initiativen auf die Auswirkungen auf den ländlichen Raum überprüft werden können. Es wurde darauf gedrängt, diesen verpflichtend zu machen und die lokalen und regionalen Behörden in die Definition und Umsetzung dieses Mechanismus einzubeziehen.
Die Kommission hat am 29.11.2022 ihren Bericht über die Handelsbilanz des Agrar- und Lebensmittelhandels für den Monat August 2022 veröffentlicht. Sowohl die Agrar- und Lebensmittelausfuhren als auch die Einfuhren der EU stiegen im August 2022, was mit 35 Mrd. € zum Höchststand der monatlichen Handelsströme der EU im Jahr 2022 führte. Auch die Handelsbilanz der EU hat im selben Monat mit 5,6 Mrd. € den höchsten Wert des Jahres erreicht. Die größten Exportwerte verzeichneten im August Getreidezubereitungen (1,7 Mrd. €), Weizen (1,6 Mrd. €) und Wein (1,4 Mrd. €). Ein großer Teil der Weizenausfuhren der EU geht in die Region Naher Osten/Nordafrika (MENA) und nach Afrika südlich der Sahara. Im August 2022 importierte die EU hauptsächlich aus Brasilien, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine. Die EU-Einfuhren aus der Ukraine stiegen im August gegenüber Juli um rd. 20 %, was vor allem auf wertmäßig gestiegene Einfuhren von Raps (+ rd. 500 %) und Weizen (+ rd. 250 %) zurückzuführen ist. Die EU-Maiseinfuhren verschiedener Herkunft stiegen im August deutlich an, aufgrund der Sommerdürre, die die Erträge in den EU-Ländern beeinträchtigte.
Das Europäische Parlament hat am 24.11.2022 im Rahmen seiner Plenarsitzung eine Entschließung zum "Schutz der Viehwirtschaft und der großen Beutegreifer in Europa" mit 306 Stimmen bei 225 Gegenstimmen und 25 Enthaltungen angenommen. Die Entschließung betont, dass die Zahl mehrerer streng geschützter Arten von großen Beutegreifern in der EU zugenommen habe. Die wachsende Population an Wölfen führe zu negativen Auswirkungen der Angriffe auf Nutztiere. In dicht besiedelten Bereichen kämen Wölfe zunehmend in die Nähe von Menschen. Es sei wichtig, das richtige Gleichgewicht für das Zusammenleben von Menschen, Tieren und großen Beutegreifern zu finden, insbesondere im ländlichen Raum. Die Abgeordneten fordern die Kommission insbesondere auf, den Schutzstatus von Wölfen und Bären abzusenken, um einen effektiven Schutz von Weidetieren zu gewährleisten. Die Kommission wird ausdrücklich aufgefordert, die Fortschritte bei der Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes für Arten auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu bewerten und zu überwachen. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll weiter intensiviert werden. Die Fördermöglichkeiten für Landwirte sollen verbessert werden. Es bedarf langfristiger Finanzierungsmöglichkeiten für Präventivmaßnahmen sowie einer angemessenen Entschädigung für Landwirte, und zwar nicht nur für Verluste, sondern auch für die ergriffenen Maßnahmen zur Koexistenz von großen Beutegreifern und nachhaltigen Tierhaltungsmethoden (siehe hierzu auch Beitrag des StMUV in diesem Bericht).
Die Kommission hat am 30.11.2022 das Kreislaufwirtschaftspaket II mit Vorschlägen zur Zertifizierung von CO2-Entnahmen (Carbon Farming) zu biobasierten, biologisch abbaubaren und kompostierbaren Kunststoffen und zur Vermeidung, Reduzierung und Wiederverwendung von Verpackungsabfällen veröffentlicht (siehe hierzu auch Beitrag des StMUV in diesem Bericht). Die Einführung eines europäischen Standards bei der CO2-Entnahme soll zu mehr Rechtssicherheit bei entsprechenden Zertifizierungen führen. In der vorgeschlagenen Verordnung werden im Wesentlichen die Kriterien für die Zertifikate festgelegt, während die konkrete Ausgestaltung auf der Basis dieser Kriterien durch die Kommission, unterstützt durch eine Expertengruppe, erfolgen wird. Der Vorschlag eröffnet Förderungsmöglichkeiten für innovative Technologien zur CO2-Entnahme und für nachhaltige Lösungen für eine klimaeffiziente Land- und Forstwirtschaft. Mit dem Vorschlag soll ein Beitrag dazu geleistet werden, dass die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt wird. Neben der Verringerung von Treibhausgasemissionen ist dafür die verstärkte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre ein entscheidendes Werkzeug.
Das Europäische Parlament (EP) und der Rat haben am 06.12.2022 eine vorläufige politische Einigung zur EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten erzielt. Mit der Annahme und Anwendung des neuen Gesetzes im Rahmen des Green Deal soll sichergestellt werden, dass eine Reihe von Waren, die in der EU in Verkehr gebracht werden, nicht länger zur Entwaldung und Waldschädigung in der EU und anderswo in der Welt beitragen und auch Treibhausgasemissionen und der Verlust an biologischer Vielfalt reduziert werden. Sobald die neuen Vorschriften in Kraft treten, müssen alle betroffenen Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht erfüllen, wenn sie folgende Waren in der EU in Verkehr bringen oder aus der EU ausführen: Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie daraus hergestellte Erzeugnisse (wie Rindfleisch, Möbel oder Schokolade). Diese Rohstoffe wurden auf der Grundlage einer gründlichen Folgenabschätzung ausgewählt. Mit der neuen Verordnung werden strenge verbindliche Sorgfaltspflichtvorschriften für Unternehmen festgelegt. Marktteilnehmer und Händler müssen nachweisen, dass die Erzeugnisse sowohl entwaldungsfrei (d. h. auf Flächen erzeugt, die nicht nach dem 31.12.2020 entwaldet wurden) als auch legal (im Einklang mit allen im Erzeugerland geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften) sind. Die Unternehmen werden auch verpflichtet sein, genaue geografische Informationen über die landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erheben, auf denen die von ihnen bezogenen Erzeugnisse erzeugt wurden, damit diese auf Einhaltung der Vorschriften überprüft werden können. Die Kommission wird ein Benchmarking-System einführen, bei dem die Länder oder Teile davon und ihr Risiko für Entwaldung und Waldschädigung – hoch, normal oder gering – unter Berücksichtigung der Ausweitung der Landwirtschaft bei der Erzeugung der sieben Rohstoffe und ihrer Folgeprodukte bewertet werden. Die Verpflichtungen für Unternehmen hängen von der Höhe des Risikos ab. Das EP und der Rat müssen die neue Verordnung noch förmlich annehmen, bevor sie in Kraft treten kann. Sobald sie in Kraft ist, haben die Marktteilnehmer und Händler 18 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen. Für Kleinst- und Kleinunternehmen werden ein längerer Anpassungszeitraum sowie andere spezifische Bestimmungen gelten.
Die Kommission hat am 09.12.2022 die beihilferechtliche Genehmigung des neuen deutschen Waldförderprogramms im Rahmen des sog. "Wald-Klima-Paketes" in Höhe von 35 Mio. € genehmigt. Ziel der Förderung ist es, kleinen oder in Privatbesitz befindlichen Forstverbänden dabei zu helfen, nachhaltige Waldbewirtschaftungstechniken einzuführen, um die Wälder an den Klimawandel anzupassen, ihr CO2-Absorptionspotenzial zu erhalten und zu erweitern oder die biologische Vielfalt und den Bodenschutz zu stärken. Damit können die Selbsthilfeeinrichtungen der Waldbesitzenden mehr Förderung beziehen und ihren Mitgliedern mehr Dienstleistungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung anbieten. Das Förderprogramm soll auch dem Rückgang der Anzahl an forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen entgegenwirken. Das Programm läuft bis zum 31.12.2028.
Die Kommission hat am 24.11.2022 im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) und in Einklang mit den Zielen des Europäischen Green Deals das Programm für den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) für Deutschland verabschiedet und damit den Weg für die Auszahlung von rund 212 Mio. € für mehr Nachhaltigkeit im Fischerei- und im Aquakultursektor, insbesondere für die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt von Meeres- und Binnenlandökosystemen bis 2027, freigemacht. Bayern erhält davon rund 12 Mio. €. Die Hälfte der Mittel sind für die Fischerei, ein Drittel für Aquakulturen sowie die Verarbeitung und Vermarktung bestimmt. Deutschland verstärkt die EU-Mittel mit weiteren rund 91 Mio. €. Dabei soll die Umstellung auf kohlenstoffärmere Brennstoffe, schonende bzw. selektivere Fangtechniken und -geräte sowie auf innovative Lösungen für die Kontrolle und Erhebung von Fischereidaten unterstützt werden.
Die Kommission hat am 14.12.2022 überarbeitete Beihilfevorschriften für die Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur angenommen, die der neuen GAP, der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) sowie im größeren Rahmen dem Green Deal Rechnung tragen sollen. Zudem wurde die Geltungsdauer der sog. De-minimis-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 717/2014) für die Fischerei um ein Jahr bis zum 31.12.2023 verlängert. Die überarbeiteten Vorschriften, die im Rahmen einer Folgenabschätzung aus der Konsultation mit den nationalen Behörden resultieren, werden ab dem 01.12.2023 gelten. Die neue Beihilfevorschriften bestehen aus der neuen Leitlinie für staatliche Beihilfen in der Land- und Forstwirtschaft und im ländlichen Raum ("Agrarleitlinien"), den neuen Leitlinien für staatliche Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor ("Fischereileitlinien") sowie der aktualisierten Gruppenfreistellung-verordnungen für die Landwirtschaft und die Fischerei.
Die Kommission hat am 02.12.2022 die Zulassung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat mittels Durchführungsverordnung um ein Jahr verlängert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte bereits im Mai dieses Jahres mitgeteilt, dass sie erst im Juli 2023 in der Lage sei, eine finale Stellungnahme an die Mitgliedstaaten und die Kommission zu übermitteln. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat im Rahmen ihrer neuen Risikobewertung festgestellt, dass die Einstufung von Glyphosat als krebserregend "nicht gerechtfertigt" sei. Sie bleibe aber bei der Bewertung, dass der Wirkstoff Verursacher schwerer Augenschäden und giftig für Wasserlebewesen sei. Sobald die fachlichen Gutachten vorliegen, muss die Kommission neu entscheiden, ob der Wirkstoff nach dem 15.12.2023 erneut zugelassen wird.
Die von der Kommission am 23.11.2022 veröffentliche Studie zum EU-Programm für Schulobst, -gemüse und -milch zeigt einen Aufwärtstrend der profitierenden Kinder, bei gleichzeitiger Abnahme der verteilten Mengen, bedingt durch die COVID-19-Pandemie. Der Bericht zeigt, dass der Anteil der meist 6- bis 10-jährigen Kinder, die sowohl Obst und Gemüse als auch Milch/Milchprodukte erhielten, im Evaluierungszeitraum von 40 % (2017/18) auf 55 % (2020/21) gestiegen ist. Auch hat sich die Produktpalette vergrößert, was darauf hindeutet, dass mehr Kinder von einem vielfältigeren Angebot an Produkten profitieren. Die Studie zur Unterstützung der Evaluierung des Förderprogramms kommt zum Schluss, dass das bestehende Programm seine Hauptziele erfüllt, nämlich den Konsum ausgewählter landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch Kinder zu erhöhen und ihre Essgewohnheiten zu verbessern. Das Schulprogramm unterstützt die Abgabe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen an Schulkinder vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe sowie Bildungsmaßnahmen zur Steigerung des Konsums dieser Erzeugnisse und zur Förderung einer gesünderen Ernährung. Hintergrund ist der zunehmende Verbrauch von verarbeiteten Lebensmitteln in Verbindung mit geringer körperlicher Betätigung, die mitunter zu Fettleibigkeit führt. Dem Programm steht pro Schuljahr bis 2023 ein Budget von 250 Mio. € zur Verfügung. Die Kommission plant, im Jahr 2023 eine Überarbeitung des Rechtsrahmens für das EU-Schulprogramm als Teil der Farm to Fork-Strategie vorzulegen.
Die Kommission hat am 07.12.2022 eine Konsultation zu einer delegierten Verordnung mit detaillierten Erzeugungsvorschriften für ökologisches Meersalz und andere Salze für Lebens- und Futtermittel veröffentlicht. Durch die vielfältigen Methoden der Salzgewinnung ist es notwendig, detaillierte Produktionsregeln festzulegen. Insbesondere wird mit der Ausdifferenzierung der Vorschriften ein Umstellungszeitraum definiert, in dem bereits mit ökologischem Verfahren produziert, aber noch keine biologischen Produkte entstehen können. Bestimmte Produktions- und Aufbereitungsverfahren werden verboten, die auf nicht-erneuerbare Energien zurückgreifen, z. B. Rekristallisation, d. h. Wiederherstellung der festen Form nach künstlicher Auflösung oder Steinsalzabbau mittels Sprengstoffes. Alle dem Salz zugesetzten Zutaten wie etwa Kräuter müssen biologischen Ursprungs sein. Insgesamt unterliegen die Salze damit den Vorschriften für ökologische Produktion gemäß der Verordnung (EU) 2018/848. Rückmeldungen sind möglich bis 04.01.2023.
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski wird vom 02. - 06.07.2023 in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation aus hochrangigen Vertretern der EU-Agrar- und Lebensmittelsektors nach Japan reisen, um die europäischen Exporte von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in das Land zu erleichtern und die Marktpräsenz vor Ort auszubauen. Interessierte Unternehmen, besonders aus den Sektoren Fleisch, Molkereiprodukte (mit Schwerpunkt auf Käse), Wein, Bier und Spirituosen, Olivenöl sowie Obst und Gemüse, können sich noch bis 31.01.2023 um eine Anmeldung bemühen. Die Reise richtet sich besonders an Unternehmen, die bisher noch nicht auf dem japanischen Markt vertreten sind und die noch nicht an ähnlichen Reisen teilgenommen haben. Vorrang wird kleinen und mittleren Betrieben mit einem glaubwürdigen Exportpotenzial eingeräumt.
Europabericht Nr. 20/2022 vom 21.12.2022 (PDF; 1.48 MB) externer LinkDie Kommission hat am 21.11.2022 den deutschen GAP-Strategieplan für den Zeitraum 2023 - 2027 genehmigt. Die neue GAP (Gemeinsame Agrarpolitik), die ab 01.01.2023 in Kraft tritt, wird für den Zeitraum 2023 - 2027 mit EU-Mitteln in Höhe von rd. 270 Mrd. € ausgestattet, davon rd. 30 Mrd. € für Deutschland und über 6 Mrd. € für Bayern. Deutschland konzentriert sich in seinem Plan auf den Schutz des Klimas und der Umwelt bei gleichzeitiger Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und ländlichen Gebiete. Der ökologische Landbau wird mit fast 2,4 Mrd. € speziell gefördert, und etwa 30 % der landwirtschaftlichen Flächen werden von Verfahren profitieren, mit denen Emissionen reduziert, die Kohlenstoffspeicherung erhalten bzw. erhöht, die Bodenqualität sowie die Wasserqualität verbessert werden. Bayern profitiert u. a. von der Steigerung der Förderung der ersten Hektare, von der Verdreifachung der Förderung von Junglandwirten sowie der Prämien für kleine Feldstücke. Zusätzlich kann eine Mehrgefahrenversicherung flächendeckend eingeführt werden.
Die EU-Agrarminister trafen sich am 21.11.2022 in Brüssel, um sich u. a. über die neue Waldstrategie 2030, den Entwurf der Wiederherstellungs-Verordnung und der Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und die Düngemittelstrategie auszutauschen. Umweltkommissar Sinkevičius stellte den Zeitplan für die geplante Verordnung zum harmonisierten Waldmonitoring-Rahmen vor. Eine weitere Konsultation der nationalen Stakeholder sei vorgesehen. Die geplante Veröffentlichung des Verordnungsvorschlags hierzu sei nun für das 2. Quartal 2023 geplant. Durch mehrere Mitgliedstaaten wurde darauf hingewiesen, dass der gemeinsame ständige Forstausschuss der Mitgliedstaaten weiter federführend und fachlich zuständig durch die Kommission für die Entwicklung dieses Rechtsrahmens und generell für Waldthemen zu berücksichtigen sei und die notwendigen Kompetenzen besitze. Kommissar Sinkevičius kündigte noch für dieses Jahr eine Veröffentlichung von Leitlinien unter dem Titel „naturnahe Waldbewirtschaftung“ an. Diese werden federführend von der dem Umweltrat zugeordneten AG Forst und Natur der Mitgliedstaaten entwickelt. Umweltkommissar Sinkevičius führte bei der Vorstellung des Entwurfs der sog. Wiederherstellungsverordnung aus, dass der Vorschlag keine Beschränkungen für Landwirte oder Fischer vorsehe und dass er „wirtschaftliche Tätigkeiten in Gebieten, in denen Wiederherstellungsmaßnahmen durchgeführt werden, nicht verbietet, solange diese Tätigkeiten die Erholung der betreffenden Ökosysteme ermöglichen“. Dennoch dürften trotz der aktuellen Krisen und Diskussion um die Ernährungssicherheit Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur nicht aufgeschoben werden. Die von der Kommission am 09.11.2022 vorgestellte Mitteilung zu Düngemitteln wurde durch Agrarkommissar Wojciechowski den Mitgliedstaaten vorgestellt. In einem Positionspapier, das auch von Deutschland unterstützt wird, fordern die Mitgliedstaaten die Kommission auf, die Düngemittel-Mitteilung zu konkretisieren sowie bessere kurz-, mittel- und langfristige Lösungen und Strategien für die bessere Verfügbarkeit von Düngemitteln zu schaffen. Die strategische Unabhängigkeit im Düngemittel-Sektor solle erhalten bleiben und es sollten keine neuen Abhängigkeiten von Importen aus Drittstaaten entstehen. Der Entwurf einer Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln wurde mit Hinblick auf die Definition sog. sensibler Gebiete intensiv zwischen den Mitgliedsstaaten diskutiert. Die tschechische Ratspräsidentschaft bereitet einen Fortschrittsbericht vor, der den aktuellen Stand der Diskussionen widerspiegeln und zum letzten Agrarrat unter CZ-Vorsitz vorgestellt werden soll. Der nächste Agrarrat findet am 12./13.2022 statt. Im 1. Halbjahr 2023 übernimmt Schweden die Ratspräsidentschaft.
Die Unterhändler der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments (EP) haben sich am 10.11.2022 im Trilog auf einen Gesetzestext für die Ziele zur Steigerung der Klimaambitionen im Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) geeinigt. Das EU-Ziel für den Netto-CO2-Abbau durch natürliche Senken wird bis 2030 auf 310 Millionen t CO2-Äquivalent und damit um 15 % zum heutigen Stand erhöht. Die angestrebte Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 wird de facto von 55 % auf 57 % angehoben. Damit werden ehrgeizigere Ziele für jeden MS festgelegt, um den rückläufigen Trend der Kohlenstoffsenke in der EU umzukehren. Die Mitgliedstaaten sind für den Erhalt und den Ausbau ihrer Kohlenstoffsenken selbst verantwortlich, um das neue EU-Ziel zu erreichen. Zahlreiche Maßnahmen stehen zur Verfügung, darunter die nachhaltige Waldbewirtschaftung oder die Wiedervernässung von Torfgebieten. Für den Zeitraum von 2021 bis 2025 sind die Ziele eng an die derzeitige LULUCF-Verordnung angelehnt, die eine Verpflichtung zur Beibehaltung des derzeitigen Niveaus der Kohlenstoffsenken vorsieht, die sogenannte "no-debit"-Verpflichtung. In einer zweiten Phase von 2026 bis 2030 wird das Nettoabbauziel der EU auf - 310 Mio. t CO2-Äquivalent erhöht, was die Union auf den Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2050 bringt. Die vorläufige Einigung muss nun vom EP und vom Rat förmlich angenommen werden. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, werden die neuen Rechtsvorschriften im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten in Kraft.
Europabericht Nr. 19/2022 vom 28.11.2022 (PDF; 794 KB) externer LinkDie Kommission hat am 09.11.2022 eine Düngemittelstrategie („Mitteilung über die Gewährleistung der Ernährungssicherheit“) veröffentlicht. Düngemittel spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit. Ihre Produktion und ihre Kosten hängen weitgehend von Erdgas ab. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine belastet nun eine globale Mineraldünger- und Energiekrise die globale Ernährungssicherheit und die Lebensmittelpreise. Die Notwendigkeit, die allgemeine Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer Lebensmittelsysteme mittel- und langfristig zu stärken, erfolgt im Einklang mit der im März 2022 angenommenen Mitteilung über die Gewährleistung der Ernährungssicherheit, der Farm to Fork-Strategie und REPowerEU. In der Mitteilung werden mehrere bewährte Verfahren und Wege skizziert, die Landwirten helfen sollen, ihren Düngemitteleinsatz zu optimieren, ihre Abhängigkeiten zu verringern und gleichzeitig Erträge zu sichern. Dazu gehören die priorisierte Gasversorgung der Düngemittelhersteller, die gezielte Unterstützung aller Marktbeteiligten (u. a. über staatliche Beihilfen), die verbesserte Markttransparenz, der Ersatz von mineralischen durch organische Düngemittel sowie Beratung und Schulung der Landwirte im Hinblick auf effizienteren und umweltschonenderen Einsatz von Düngemitteln und die Optimierung ihrer Produktionsverfahren.
Der EWSA hat am 31.10.2022 in einer Initiativstellungnahme die zahlreichen Vorteile einer EU-Strategie zur Ausweitung der Produktion von Pflanzeneiweiß und Pflanzenöl hervorgehoben. Die konkreten Empfehlungen stehen im Einklang mit dem Ziel der EU, eine strategische Versorgungsautonomie zu erreichen. Zu diesen Vorteilen gehören die Verringerung der Importabhängigkeit der EU und ein Beitrag zur Entwicklung des ländlichen Raums. Die EU ist in hohem Maße von Futtermittelimporten abhängig, da 75 % der Eiweißfuttermittel aus Drittstaaten bezogen werden. Die Förderung der EU-Erzeugung von Eiweißpflanzen ist von wesentlicher Bedeutung und wird sich gleichzeitig positiv auf die biologische Vielfalt und die gesamte Umwelt auswirken und den Landwirten helfen, den Einsatz von Mineraldünger zu verringern. Zu den vielen Vorteilen einer Ausweitung des Anbaus von pflanzlichen Proteinen und Ölen in der EU und einer stärkeren Rolle des Grünlands in der Tierfütterung gehören erweiterte Fruchtfolgen, die Selbstversorgung mit Traktorenkraftstoff und eine erhöhte Verfügbarkeit von Eiweißfuttermitteln. Der EWSA empfiehlt der Kommission, sich näher mit der von der deutschen Bundesregierung eingesetzten „Zukunftskommission Landwirtschaft“ zu befassen und zu prüfen, ob dieses Format für die Entwicklung einer europäischen Eiweißstrategie geeignet wäre.
Die Kommission hat am 28.10.2022 verkündet, dass das bayerische „Oktoberfestbier“ die Bezeichnung „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“ tragen darf. Die Zutaten müssen Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser sein. Das Wasser muss aus dem Münchener Stadtgebiet und damit aus den Tertiärschichten der Münchener Schotterebene stammen. Der gesamte Herstellungsprozess des Oktoberfestbieres muss im Gebiet der Stadt München stattfinden. Die Qualitätspolitik der EU zielt darauf ab, die Namen bestimmter Erzeugnisse zu schützen, um ihre einzigartigen Eigenschaften zu fördern, die mit ihrer geografischen Herkunft und ihrem traditionellen Know-how zusammenhängen. Produktnamen können eine „geografische Angabe“ (GI) erhalten, wenn sie einen spezifischen Bezug zu dem Ort haben, an dem sie hergestellt werden. Die GI-Anerkennung ermöglicht es den Verbrauchern, Qualitätsprodukten zu vertrauen und sie zu unterscheiden und hilft gleichzeitig den Herstellern, ihre Produkte besser zu vermarkten. Die neue Bezeichnung wird in die Liste der 1.598 bereits geschützten Lebensmittel aufgenommen.
Die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission hat am 31.10.2022 den Waldbrandbericht 2021 vorgelegt. Die Waldbrand-Saison 2021 war – nach 2017 – die zweitschlimmste in der EU seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2006. Insgesamt sind mehr als 5.500 Quadratkilometer Land abgebrannt – das ist eine Fläche mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Dabei verbrannten über 1.000 Quadratkilometer in geschützten Natura-2000-Gebieten, die das Reservoir der biologischen Vielfalt in der EU bilden. Laut der Analyse der vorläufigen Daten waren die Brände im laufenden Jahr noch zerstörerischer. Demnach ist 2022 bereits eine Fläche von 8.600 Quadratkilometer verbrannt. Neun EU-Länder haben neue Höchstwerte gemeldet. Obwohl die durch Waldbrände verbrannte Fläche im Jahr 2022 bemerkenswert groß war, konnte die Zahl der Toten dank der Präventionsmaßnahmen der EU-Mitgliedstaaten und des EU-Katastrophenschutzverfahrens begrenzt werden.
Die Präsidentin der Kommission Ursula von der Leyen hat am 08.11.2022 im Namen der EU fünf Vereinbarungen über Waldpartnerschaften mit Guyana, der Mongolei, der Republik Kongo, Uganda und Sambia auf der COP27-Klimakonferenz der Vereinten Nationen als Beitrag zur externen Dimension des Green Deals der EU unterzeichnet. Waldpartnerschaften stehen für den ganzheitlichen Rahmen der EU für die Zusammenarbeit im Bereich der Wälder, der darauf abzielt, die Entwaldung in den unterstützten Ländern umzukehren und somit den Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt zu verbessern. Wälder fungieren als Kohlenstoffsenken und sind sowohl für die Anpassung an den Klimawandel als auch für dessen Eindämmung von entscheidender Bedeutung.
Europabericht Nr. 18/2022 vom 14.11.2022 DownloadlinkDie EU-Agrarminister trafen sich am 17.10.2022 in Luxemburg; für Deutschland nahm Staatssekretärin Bender teil. Die Mitgliedstaaten berieten erneut über die Lage auf den Agrarmärkten infolge des Krieges in der Ukraine und wie die ergriffenen Krisenmaßnahmen wirken. Der Rat befasste sich mit der systematischen Tötung männlicher Küken, der Kofinanzierung von Veterinär- und Phytosanitärmaßnahmen, dem Wald-Monitoring, Carbon Farming, der Aufbereitung von Wirtschaftsdüngern und mit der Versorgungslage bei Öko-Eiweißfuttermitteln. Die Mitgliedstaaten zeigten sich besorgt über die Steigerungen bei den Preisen der Betriebsmittel (v. a. für Mineraldünger), die besonders die viehhaltenden Betriebe sowie die Ernährungswirtschaft betreffen, sich aber auch massiv auf die Verbraucherpreise auswirken. Deutschland und Frankreich kritisierten erneut die ethisch nicht vertretbare Praxis der systematischen Tötung männlicher Eintagsküken aus Legelinien und forderten die Kommission auf, diese Praxis im Rahmen der Überarbeitung des EU-Tierschutzrechts EU-weit zu verbieten. Litauen forderte die Mitgliedstaaten auf, wieder Öko-Eiweißfuttermittel aus der Ukraine zu beziehen. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb auf Ausnahmeregelungen verzichten, die die Fütterung von konventionellen Eiweißfuttermitteln in der biologischen Tierhaltung erlauben. Die Minister kritisierten das Vorhaben der Kommission, die Kofinanzierungssätze zur Unterstützung von Dringlichkeitsmaßnahmen und Programmen im Veterinär- und Phytosanitär-Bereich zu kürzen. Solche Kürzungen könnten die Fähigkeit der Mitgliedstaaten gefährden, das bisher erreichte hohe Niveau der Pflanzen- und Tiergesundheit sowie der Lebensmittelsicherheit in der EU aufrechtzuerhalten. Der Rat befasste sich mit der Ausgestaltung des künftigen Waldmonitorings in der EU. Die Delegationen wiesen darauf hin, dass das nationale Waldmonitoring jeweils auf die regionalen Gegebenheiten ausgerichtet sei; einige betonten dabei auch die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Der Informationsbedarf für ein Monitoring auf EU-Ebene sollte deshalb geprüft und in enger Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten auf den Zweck der Politiken abgestimmt werden. Kommissar Wojciechowski betonte in seiner Replik, dass die Kommission das Waldmonitoring und die Entwicklung von Waldstrategieplänen in gemeinsamer Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten sehe. Einige Mitgliedstaaten forderten ein Geschäftsmodell für Carbon Farming zu entwickeln und alternative Finanzierungsquellen neben der GAP zu erschließen.
Die Kommission hat am 26.10.2022 ihren Bericht über die Handelsbilanz des Agrar- und Lebensmittelhandels für den Monat Juli 2022 veröffentlicht. Sowohl die Ausfuhren (- 2 %, auf rund 19 Mrd. €) als auch die Einfuhren (- 2 %, auf rund 14 Mrd. €) von Agrarlebensmitteln in der EU sind im Juli 2022 wertmäßig leicht zurückgegangen. Die Handelsbilanz der EU liegt stabil bei rund 5 Mrd. €. Trotz des Rückgangs der Gesamtausfuhrwerte stiegen die EU-Ausfuhren von Getreide, insbesondere Weizen, aber auch Gerste, vorwiegend in den Nahen Osten und nach Nordafrika Die gesamten Agrar- und Lebensmittelausfuhren der EU von Anfang des Jahres bis Juli erreichten 127 Mrd. €, was 14 % mehr als im Vorjahreszeitraum entspricht. Die EU ist nach wie vor der weltweit größte Exporteur von Agrar- und Lebensmitteln. Die Gesamteinfuhren der EU von Anfang des Jahres bis Juli erreichten 96 Mrd. € und liegen damit 33 % über dem Vorjahreszeitraum. Das Vereinigte Königreich ist zum wichtigsten Handelspartner der EU geworden.
Die Kommission hat am 18.10.2022 ihr Arbeitsprogramm für 2023 veröffentlicht. Das Arbeitsprogramm 2023 enthält insgesamt 43 neue politische Initiativen zu allen sechs übergreifenden Zielen der politischen Prioritäten der Kommission. Der Bereich Landwirtschaft ist im Rahmen des Green Deal maßgeblich betroffen: Im Hinblick auf die Reduzierung von Lebensmittelabfällen soll ein Schwerpunkt im Rahmen der Abfallvermeidung gesetzt werden. Ein umfassender Rechtsrahmen für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem soll geschaffen werden. Die Bemühungen um eine nachhaltige Bewirtschaftung und Wiederherstellung der Böden in der EU gipfeln im angekündigten Vorschlag für ein „Bodengesundheitsgesetz“. Der Bereich "neue genomische Techniken" soll über entsprechende Rechtsvorschriften geregelt werden. Wie in der Farm to Fork-Strategie angekündigt, sollen alle EU-Rechtsvorschriften zum Tierschutz umfassend überarbeitet werden (siehe hierzu auch Beiträge der übrigen Fachressorts in diesem EB).
Der Ständige Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) und damit die Mehrheit der Mitgliedstaaten hat am 14.10.2022 der zeitlich befristeten Verlängerung der Glyphosatzulassung formal widersprochen. Deutschland hat sich bei der Abstimmung enthalten; gleiches gilt für Frankreich und Slowenien. Nur Kroatien, Luxemburg und Malta stimmten für die befristete Verlängerung. Die aktuelle Zulassung läuft am 15.12.2022 aus. Die Entscheidung über eine befristete Verlängerung wurde erforderlich, nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) im Mai dieses Jahres mitgeteilt hatten, dass sie erst im Juli 2023 in der Lage seien, eine finale Stellungnahme an die Mitgliedstaaten und die Kommission zu übermitteln. Die Entscheidung über die Fristverlängerung geht nun vor eine Berufungskommission. Kann auch diese keine Einigung herbeiführen, liegt die Entscheidung allein beim Kollegium der EU-Kommissare. Eine Ablehnung der befristeten Verlängerung durch die Kommission ist nicht zu erwarten.
Die Kommission hat am 18.10.2022 beschlossen, die Europäische Bürgerinitiative mit dem Titel "Europäische Bürgerinitiative für veganes Essen" grundsätzlich zuzulassen. Die Organisatoren der Initiative fordern ein Gesetz, das die ausdrückliche Bereitstellung einer veganen Alternative in privaten und öffentlichen Räumen, in denen Lebensmittel und Getränke in Europa verkauft werden, vorschreibt. Sie behaupten, dass dies dem aufkommenden kollektiven Bewusstsein für die Rechte der Tiere Rechnung tragen und zur Bekämpfung der Klimakrise beitragen würde, indem der Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln erhöht und die Kosten für Lebensmittel gesenkt würden. Da diese Europäische Bürgerinitiative die formalen Voraussetzungen erfüllt, hält die Kommission sie für rechtlich zulässig. Die Kommission hat den Vorschlag zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht inhaltlich geprüft. Nach der Registrierung haben die Organisatoren nun sechs Monate Zeit, um die Unterschriftensammlung zu eröffnen. Wenn eine Europäische Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres eine Mio. Unterstützungsbekundungen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten erhält, muss die Kommission reagieren. Sie kann entscheiden, ob sie den Antrag weiterverfolgt oder nicht und muss ihre Gründe dafür darlegen.
Die Kommission hat am 21.10.2022 eine Konsultation zu einer Durchführungsverordnung in Bezug auf Beistoffe in Pflanzenschutzmitteln veröffentlicht. Im Rahmen der Initiative sollen harmonisierte Kriterien und Verfahren zur Ermittlung unzulässiger Beistoffe festgelegt werden und zwar in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Damit das erzielte Maß an Sicherheit gleich ist, sollen die Kriterien äquivalent zu denjenigen für Wirkstoffe sein. Rückmeldungen sind möglich bis 18.11.2022. Die Annahme durch die Kommission soll noch im Jahr 2022 erfolgen.
Die Kommission hat am 24.10.2022 eine Konsultation zur Durchführungsverordnung (EU) 2021/1165 veröffentlicht, die im ökologischen Landbau zugelassene Erzeugnisse und Stoffe regelt. Gemäß den EU-Vorschriften dürfen in der ökologischen Landwirtschaft nur Stoffe und Erzeugnisse verwendet werden, bei denen natürliche Systeme und Kreisläufe geachtet und die Boden-, Wasser- und Luftqualität sowie die Gesundheit von Pflanzen und Tieren geschützt und verbessert werden. Die Kommission möchte mit dieser Durchführungs-VO das entsprechende Verzeichnis zugelassener Erzeugnisse und Stoffe aktualisieren. Rückmeldungen sind möglich bis 21.11.2022. Die Annahme durch die Kommission soll noch im Jahr 2022 erfolgen.
Europabericht Nr. 17/2022 vom 28.10.2022 (PDF; 899 KB) externer LinkDie Kommission hat am 03.10.2022 ihren Bericht über die Handelsbilanz des Agrar- und Lebensmittelhandels für den Monat Juni 2022 veröffentlicht. Der Wert des EU-Agrar- und Lebensmittelhandels hat im Juni 2022 einen Gesamtwert von rund 34 Mrd. € erreicht (Rückgang um knapp 3 % ggü. Mai 2022 und Anstieg um 24 % ggü. Juni 2021). Der Überschuss aus dem Agrar- und Ernährungshandel wuchs deutlich und belief sich auf rund 5 Mrd. €, ein Anstieg von 33 % gegenüber dem Vormonat. Die Exporte stiegen geringfügig auf rund 20 Mrd. € (+1 % gegenüber dem Vormonat), während die Importe auf rund 15 Mrd. € geschätzt wurden, 7 % weniger als im Mai. Die Exporte in die Ukraine stiegen im Vergleich zum Juni letzten Jahres um 25 % auf 275 Mio. €. Dies war vor allem auf die Exporte von Gemüse und Schweinefleisch zurückzuführen. Nach der Einführung von Solidaritätskorridoren und der vorübergehenden Liberalisierung des Handels stiegen die Importe aus der Ukraine im Juni. Deutliche Zuwächse wurden bei den Importen von Ölsaaten (+92 Mio. €) und Ölen (+90 Mio. €) verzeichnet. Auch die Einfuhren von Geflügel und Getreide stiegen um 17 Mio. € bzw. 11 Mio. €. Das Ausfuhrvolumen von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen aus der EU stieg vor allem bei Getreide. Betrachtet man die tierischen Produkte, so stiegen die Exporte von Rind- und Kalbfleisch, Milchprodukten sowie Schafen und Ziegen, während die Geflügelexporte leicht zurückgingen. Die Einfuhren gingen bei Getreide und Ölsaaten aber auch bei Obst- und Gemüse deutlich zurück und zwar um 206 Mio. €. Dies war auf eine Verringerung der Importmengen zurückzuführen. Den deutlichsten Rückgang verzeichneten die Getreideeinfuhren aus Brasilien, um 60 %, und die der Ölsaaten um 31 %.
Die Kommission hat am 05.10.2022 ihren kurzfristigen Ausblick auf die Agrarmärkte veröffentlicht: Die landwirtschaftliche Erzeugung in der EU ist nach wie vor von den Folgen des russischen Krieges in der Ukraine stark betroffen. Neben der geopolitischen Instabilität verzeichnete die EU einen der heißesten Sommer der Geschichte, der die Sommerkulturen wie Mais, Sojabohnen und Sonnenblumen erheblich beeinträchtigte. Die meteorologischen Bedingungen waren auch für Viehzüchter und Tiere, die unter Hitzestress und weniger Futter litten, schwierig. Trotz offensichtlich herausfordernder Bedingungen ist der EU-Agrarsektor gut aufgestellt und weitgehend stabil. Die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln ist in der EU nicht gefährdet. Darüber hinaus werden die Getreideausfuhren der EU voraussichtlich 51 Mio. t erreichen, was rund 7 % über dem Vorjahr und mehr als 20 % über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt. Die EU wird weiterhin ihren Teil zur globalen Ernährungssicherheit beitragen. Die Verfügbarkeit von Düngemitteln für die kommende Saison ist eine weitere Herausforderung für den Agrarsektor. Weiterhin hohe Preise und eine reduzierte Produktion und Verwendung von Düngemitteln könnte sich auf die Pflanzenproduktion im Jahr 2023 auswirken und auch die Getränke- und Fleischverarbeitungsbranche beeinflussen, die Nebenprodukte des Produktionsprozesses von Düngemitteln verwendet. Die gesamte Getreideerzeugung in der EU wird voraussichtlich rund 271 Mio. t erreichen. Der stärkste Rückgang betrifft Mais mit rund 56 Mio. t, ein Rückgang von rund 24 % gegenüber dem Vorjahr. Dank der höheren erwarteten Erträge bei Eiweißpflanzen wird die EU-Erzeugung schätzungsweise auf über 4 Mio. t steigen. Der Frischobstverbrauch geht zurück, was hauptsächlich auf steigende Preise zurückzuführen ist. Für 2022/2023 wird erwartet, dass der EU-Verbrauch von frischen Äpfeln und Orangen leicht auf 12 kg pro Kopf zurückgehen wird. Das heiße und trockene Wetter dieses Sommers verursachte nicht nur Hitzestress für die Kühe, sondern führte auch zu einer geringeren Verfügbarkeit und Qualität von Gras. Um dies zu bewältigen, griffen die Landwirte teils bereits auf die Winterfuttervorräte zurück bzw. stockten ihre Viehbestände ab. Infolgedessen wird erwartet, dass die jährliche EU-Milchanlieferung um 0,5 % zurückgehen wird. Tierhalter gehören zu denen, die am stärksten von den Rekordenergie- und Inputkosten betroffen sind. Trotz hoher Erlöse für Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch schränken diese schwierigen Bedingungen die Produktion in diesen drei Sektoren ein, weshalb die Erzeugung in 2022 rückläufig sein wird.
Die Kommission hat am 06.10.2022 im Vorgriff auf die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2023 das sog. "Europäische GAP-Netzwerk" installiert. Das EU-GAP-Netzwerk, das aus über 300 Mitgliedern aus Verwaltung, Verbänden und Privatpersonen zählt, zielt darauf ab, den Informationsfluss über die Landwirtschaft und die Politik für den ländlichen Raum innerhalb der EU zu optimieren, die Umsetzung und Bewertung der GAP-Strategiepläne zu unterstützen und die Innovation des Sektors zu fördern. Die beiden bestehenden Netzwerke – das Europäische Netzwerk für die Entwicklung des ländlichen Raums, einschließlich seines Evaluierungsteils, und die Europäische Innovationspartnerschaft für die Landwirtschaft (EIP-AGRI) – sind zum neuen EU-GAP-Netzwerk verschmolzen. Das EU-GAP-Netzwerk wird unter anderem thematische Gruppensitzungen und Workshops zum Kapazitätsaufbau sowie größere Seminare für ein breites Publikum organisieren. Sie wird Fakten und Zahlen zur Programmplanung und Durchführung der GAP liefern und monatlich einen Newsletter mit relevanten Informationen über die GAP verteilen. Ein Evaluierungs-Helpdesk wird den Interessenträgern des EU-GAP-Netzwerks auch helfen, besser zu verstehen, wie die Leistung der GAP bewertet werden kann und wie sie in Zukunft verbessert werden könnte.
Im Plenum des Europäischen Parlamentes (EP) fand am 06.10.2022 eine Aussprache zur Notwendigkeit einer EU-Strategie für Düngemittel zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit in Europa statt. Agrarkommissar Wojciechowski verwies darauf, dass die Düngerpreise in der EU von September 2021 bis September 2022 um 149 % gestiegen seien. Wegen der hohen Erdgaspreise habe die Düngerindustrie in der EU die Produktion von Stickstoffdünger teilweise eingestellt oder um bis zu 70 % reduziert. Dass es bisher nicht zu Versorgungsengpässen gekommen sei, führte er auf eine um 20 % verringerte Nachfrage der Landwirte nach Mineraldünger und höhere Einfuhren aus anderen Exportländern als Russland zurück. Der Agrarkommissar hat für Ende dieses Monats eine Mitteilung zur Düngemittelversorgung angekündigt. Er setzt auf eine stabile Düngerproduktion in der EU, aber auch auf eine Kreislaufwirtschaft und eine optimierte Präzisionslandwirtschaft, die insgesamt mit weniger Nährstoffen auskommt. Wojciechowski wies darauf hin, dass die Kommission die Aufhebung bestimmter Einfuhrzölle vorgeschlagen habe. Die Abschaffung aller Antidumping-Maßnahmen sieht er allerdings kritisch, weil dadurch langfristig die europäische Düngemittelindustrie gefährdet werden könnte. Mehrere Abgeordnete vertraten die Auffassung, dass der Kreislauf der Nährstoffe durch eine bessere Verteilung der Tierbestände gestärkt werden sollte. Während die Viehbestände in einigen Regionen Europas und damit auch deren organischer Dünger konzentriert seien, sei die Nutztierhaltung in anderen Regionen geradezu "ausgestorben". Die Politik der "Tierreduzierung" müsse ein Ende haben. Der Blick sei auch auf die negativen Auswirkungen, die von mineralischen Düngemitteln auf das Klima und die Biodiversität ausgehen, zu richten. Das Modell der konventionellen Agrarproduktion und ihrer Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sei sehr verwundbar.
Das Europäische Parlament (EP) hat am 04.10.2022 die Anfang Juni erzielte Trilog-Einigung zur Novellierung der Verordnung über die Statistik der landwirtschaftlichen Inputs und Outputs (SAIO) mit 555 Stimmen, bei 42 Gegenstimmen und 23 Enthaltungen, angenommen. Die Verordnung wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten und soll ab dem 01.01.2025 gelten. Konkret soll ab dem Jahr 2028 die entsprechende Datenerhebung jährlich erfolgen und ab 2030 auch veröffentlicht werden. Erste Datensammlungen sollen aber bereits ab 2026 erfolgen. Im Weiteren sollen die in Verkehr gebrachten und bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten verwendeten Wirkstoffe nach repräsentativen Kulturen und behandelten Flächen aufgelistet und jährlich veröffentlicht werden. Die Methodik dazu soll während des Übergangszeitraums ab 2026 entwickelt werden. In Bezug auf den ökologischen Landbau hatte man sich darauf verständigt, dass die verfügbaren Statistiken und Datensätze mit denen des konventionellen Landbaus weitgehend kohärent sein sollen. Die SAIO-Verordnung ist Teil der Modernisierung der europäischen Agrarstatistik, die Stück um Stück digitalisiert. Die Anpassung der Statistiken – insbesondere hinsichtlich der von der Landwirtschaft genutzten Betriebsmittel – soll dazu beitragen, die Kenntnisse über die landwirtschaftlichen Praktiken und die Agrarproduktion im Hinblick auf die Gemeinsame Agrarpolitik, den Green Deal und die darin enthaltene Farm to Fork-Strategie zu verbessern.
Die Kommission hat am 06.10.2022 eine Konsultation zu einer Durchführungsverordnung veröffentlicht, die die Aufzeichnungspflicht für berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln regeln soll. Gemäß den EU-Vorschriften über Pflanzenschutzmittel (Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) führen berufliche Verwender Aufzeichnungen über Pflanzenschutzmittel, in denen Folgendes vermerkt ist: die Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, der Zeitpunkt der Verwendung, die verwendete Menge, die behandelte Fläche und die Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde. Im Rahmen dieser Initiative wird festgelegt, wie diese Informationen aufzuzeichnen sind und dass die Aufzeichnungen in elektronischer Form geführt werden. Rückmeldungen sind möglich bis 03.11.2022. Die Annahme durch die Kommission ist für das erste Quartal 2023 geplant.
Die Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten! Eine bienenfreundliche Landwirtschaft für eine gesunde Umwelt" hat die Schwelle von einer Mio. Unterstützungsbekundungen von EU-Bürgern erhalten, wobei mehr als die Hälfte der Unterschriften aus Deutschland stammt. Sie verfolgt das Ziel, synthetische Pflanzenschutzmittel bis 2035 komplett zu verbieten, die biologische Vielfalt wiederherzustellen und die Landwirte bei diesem Übergang zu unterstützen. Die Kommission wird sich in den nächsten Wochen mit den Organisatoren treffen, um die Initiative im Detail zu besprechen. Anschließend wird das Europäische Parlament eine öffentliche Anhörung organisieren. Die Kommission hat bis zum 07.04.2023 Zeit, ihre offizielle Antwort vorzulegen, in der sie darlegt, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedenkt: ob sie Rechtsvorschriften vorschlagen, andere nicht-legislative Maßnahmen ergreifen oder gar nicht tätig werden will (siehe hierzu Beitrag des StMUV in diesem EB).
Die Kommission schlug am 05.10.2022 vor, 170 Mio. € aus dem EU-Haushalt für die Verstärkung der rescEU-Flotte am Boden und aus der Luft zur Waldbrandbekämpfung ab Sommer 2023 bereitzustellen. Die rescEU-Übergangsflotte würde damit über insgesamt 22 Flugzeuge und 4 Hubschrauber sowie über mehr vorbereitete Bodenteams verfügen. Ab 2025 soll die Flotte durch eine beschleunigte Beschaffung von Flugzeugen und Hubschraubern weiter verstärkt werden. Die Waldbrände in der EU nehmen an Umfang, Häufigkeit und Intensität zu. Bis zum 01.10.2022 zeigen die Daten für 2022 einen Anstieg der verbrannten Fläche um 30 % im Vergleich zum vorhergehenden schlimmsten Jahr (2017) und einen Anstieg um mehr als 170 % gegenüber der durchschnittlichen verbrannten Fläche seit Beginn der Aufzeichnungen auf EU-Ebene im Jahr 2006.
Europabericht Nr. 16/2022 vom 17.10.2022 (PDF; 999 KB) externer LinkDie EU-Agrarminister trafen sich am 26.09.2022 in Brüssel, um sich über die aktuelle Marktlage und die Situation in der Ukraine auszutauschen.Die Minister begrüßten das relativ stabile Niveau der Getreideproduktion sowie die Wiedereröffnung der Schwarzmeerhäfen, betonten jedoch, dass die derzeitige Lage sowohl in der Ukraine als auch weltweit schwierig bleibe. Die EU-Getreideernte sei mit rd. 273 Mio. t etwa 7 % niedriger ausgefallen als im letzten Jahr. Die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Düngemitteln stelle eine weitere Herausforderung dar. Der Kommissionsvorschlag, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln über eine neue Verordnung bis 2030 zu halbieren und den Einsatz in „sensiblen Gebieten“ komplett zu untersagen, stieß auf breite Ablehnung bei den Mitgliedstaaten (Ausnahme: D und NL). Die zuständige Kommissarin Kyriakides zeigte sich kompromissbereit, insbesondere bezüglich der Regelungen zu den sensiblen Gebieten. Kommissar Sinkevičius betonte, dass die Industrieemissions-RL zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Betriebe beitrage, indem sie einen Beitrag zur ihrer Krisenvorsorge und Widerstandsfähigkeit leiste. Die Mitgliedstaaten sind sich weitestgehend darin einig (Ausnahme: D, DK, NL, SWE), dass die landwirtschaftliche Erzeugung in Bezug auf die Emissionen nicht auf das gleiche Niveau wie die Industrieproduktion gestellt werden kann. Die vorgesehenen Anpassungen hätten erhebliche Auswirkungen auf viele Tierhalter, v. a. die Ausweitung auf die Rinderhaltung. Zudem würden die Unterschiede im Hinblick auf extensive Haltungsformen, wie die ökologische Tierhaltung nicht berücksichtigt. Gegenstand der Kritik war insbesondere der abgesenkte, teils als zu pauschal erachtete Schwellenwert, wodurch ein Vielfaches der Betriebe unter die Richtlinie fallen. Bei diesen handele es sich oftmals um kleine Familienbetriebe, für die die hohen Verwaltungslasten und ein zu großer Investitionsdruck gerade in aktuellen Krisenzeiten schwer zu schultern seien. Die Mehrheit der EU-Landwirtschaftsminister hat sich für eine Aktualisierung und flexiblere Anwendung der rund 30 Jahre alten Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie im Umgang mit Beutegreifern (Wolf/Braunbär) ausgesprochen. Auf großen Anklang war dazu eine Initiative Österreichs gestoßen, in der auf einen gesamteuropäischen Ansatz gepocht wird. Die Minister diskutierten über die Zukunft der Lebensmittelkennzeichnung und der Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen. Diese Diskussion fand im Vorfeld des erwarteten Legislativvorschlags statt, der derzeit von der Kommission vorbereitet und voraussichtlich erst 2023 veröffentlicht wird.
Die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Spanien, den USA, der Afrikanischen Union, der Europäischen Union, von Kolumbien, Indonesien und Nigeria haben anlässlich eines Treffens am 20.09.2022 im Rahmen der 77. UN-Generalsversammlung eine gemeinsame Erklärung zur globalen Ernährungssicherheit abgegeben. Sie bekräftigten angesichts der aktuellen Situation ihre Entschlossenheit, dringend, in großem Umfang und gemeinsam zu handeln, um auf die dringenden Bedürfnisse von Hunderten von Millionen Menschen weltweit im Bereich der Ernährungssicherheit zu reagieren. Eine widerstandsfähigere Landwirtschaft und Nahrungsmittelsysteme sollen entlang von sieben spezifischen Aktionslinien aufgebaut werden. So ist zusammenfassend u. a. Folgendes geplant: Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Spenden und Sachspenden für wichtige humanitäre Organisationen für lebensrettende humanitäre Soforthilfe; Offenhalten der Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Agrarmärkte und Vermeidung ungerechtfertigter restriktive Maßnahmen wie Exportverbote; Steigerung der Düngemittelproduktion; Beschleunigung der Bemühungen zur Unterstützung einer nachhaltigen Landwirtschaft und nachhaltiger Nahrungsmittelsysteme durch Stärkung der landwirtschaftlichen Produktivität; Erhöhung der Investitionen in Forschung und Technologie; Überwachung der Märkte, die sich auf die Ernährungssysteme auswirken, einschließlich der Terminmärkte.
Die Kommission hat am 21.09.2022 angesichts des fünfjährigen Jubiläums des vorläufigen Inkrafttretens des CETA-Abkommens zwischen der EU und Kanada Bilanz gezogen. Das Abkommen ist seit der Zustimmung des Europäischen Parlaments seit 21.09.2017 vorläufig in Kraft. Für ein vollständiges Inkrafttreten bedarf das Abkommen u. a. noch der Ratifizierung aller nationaler Parlamente. So hat auch Deutschland das Abkommen bisher nicht ratifiziert. Dennoch habe das Abkommen laut der Kommission den Handel der EU mit Kanada angekurbelt und der EU eine verlässliche und vertrauenswürdige Bezugsquelle für wichtige Ressourcen wie Energie und Rohstoffe verschafft. In den letzten fünf Jahren habe der bilaterale Warenhandel zwischen der EU und Kanada insgesamt um 31 % zugenommen. Ein besonders starkes Wachstum sei beim Handel mit Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu verzeichnen. Dort gab es einen mehr als 40 %-igen Anstieg. Die deutschen Warenexporte nach Kanada stiegen um 8 %. Für Fleisch und essbare Innereien von Rindern habe sich in Kanada ein neues Geschäftsfeld ergeben (siehe hierzu auch Beitrag des StMWi in diesem EB).
Die Kommission hat am 23.09.2022, dem Tag des Ökologischen Landbaus, in acht Kategorien Bio-Auszeichnungen vergeben. Die Preisträger kommen aus Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Kroatien, Österreich, Spanien und Schweden und stehen allesamt für Wachstum und Innovation des europäischen Bio-Sektors und der Bio-Wertschöpfungskette sowie deren Beitrag zur Verringerung der Auswirkungen der Landwirtschaft auf Klima und Umwelt. Das Unternehmen Goodvenience.bio aus Magdala/Thüringen hat in der Kategorie bestes Bio-KMU gewonnen. Die kleine Manufaktur stellt Brühen, Suppen, Soßen, Gewürze und Öl in Bio-Qualität her. Der Schwerpunkt liegt auf einer nachhaltigen, kreislauforientierten und innovativen Produktion und der Förderung einer gesunden Ernährung, unter anderem über einen Rezept-Blog und Kochvideos. Mit der ersten Vergabe der EU-Bio-Auszeichnungen feiern das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission zum zweiten Mal den EU-Bio-Tag, der letztes Jahr ins Leben gerufen wurde. Die Preisträger wurden aus über 200 Bewerbungen aus 26 Mitgliedstaaten ausgewählt. Die Jury setzte sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Kommission, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, des Ausschusses der Regionen, von COPA-COGECA und IFOAM Organics Europe sowie aus Vertreterinnen und Vertretern des Europäischen Parlaments und des Rates der EU.
Das Präsidium des Dachverbands der europäischen Bauernverbände (COPA) hat am 23.09.2022 Christiane Lambert einstimmig in ihrem Amt als Präsidentin bestätigt. Copa vertritt die Interessen von über 22 Millionen europäischen Landwirten und ihren Familienmitgliedern gegenüber den EU-Institutionen und anderen relevanten europäischen Steakholdern. Die Präsidentin des französischen Bauernverbandes (FNSEA) führt den EU-Dachverband bereits seit zwei Jahren an. Neben Lambert wurden auch die sechs COPA-Vizepräsidenten gewählt. Neuer Erster Vizepräsident ist der Vorsitzende von Confagricoltura, dem Verband der großen italienischen Landwirtschaftsbetriebe, Massimiliano Giansanti. Als weitere COPA-Vizepräsidenten fungieren der Präsident des spanischen Bauernverbandes (ASAJA), Pedro Gallardo, sowie Mladen Jakopovic vom kroatischen Verband HPK und der Präsident des irischen Bauernverbandes (IFA), Tim Cullinan. Komplettiert wird diese Riege durch Marius Mihai Micu vom rumänischen Bauernverband (AAC) und den Vorsitzenden des schwedischen Bauernverbandes (LRF), Palle Borgström. Präsidentin Lambert hob hervor, dass sie sich nach den Erfahrungen aus ihrer ersten Amtszeit der Herausforderungen, die in den nächsten zwei Jahren auf den Berufsstand in der EU zukommen dürften, besonders bewusst sei. Man werde sich mit zahlreichen Krisen und deren Folgen auseinandersetzen müssen.
Die Kommission hat am 26.09.2022 eine öffentliche Konsultation zur Verwendung tierischer Nebenprodukte als Düngemittel veröffentlicht. Für bestimmte Düngemittel, die tierische Nebenprodukte enthalten, sollen Bedingungen geregelt werden, die ein Inverkehrbringen ohne weitere amtliche Kontrollen zulassen (siehe hierzu auch Beitrag des StMUV in diesem EB). Rückmeldungen sind möglich bis 24.10.2022.
Europabericht Nr. 15/2022 vom 03.10.2022 (PDF; 778 KB) externer LinkDie EU-Agrarminister kamen am 16.09.2022 zu einem informellen Treffen in Prag zusammen. Neben den EU-Ministern nahmen auch die Landwirtschaftsminister der Ukraine, Georgiens und der Republik Moldau teil. Schwerpunktthema war erneut die Ernährungssicherheit und die Rolle der EU-Landwirtschaft im Rahmen einer nachhaltigen globalen Nahrungsmittelproduktion. Die Diskussionen fokussierten sich auf zukünftige Trends und Lösungen, die dazu beitragen werden, die Zahl der hungernden Menschen auf der Welt zu reduzieren. Die Lage auf den Agrarmärkten ist nach wie vor angespannt: Die Minister beklagen neben dem Mangel an Getreide und Ölsaaten aufgrund der Verringerung der Exportkapazitäten und der Beschlagnahme oder Zerstörung von Getreidelagern in der Ukraine auch die Unterbrechung des Flusses landwirtschaftlicher Betriebsmittel, insbesondere von Mineraldüngemitteln und Brennstoffen, deren Verfügbarkeit sich erheblich verschlechtert hat und deren Preise dramatisch gestiegen sind. Die Folgen der Nahrungsmittelknappheit sind nicht nur direkt, sondern auch indirekt, beispielsweise über eine verstärkte Migration zu spüren. Mit der Farm to Fork- und Biodiversitätsstrategie hat sich die Kommission Ziele gesetzt, um den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern zu reduzieren, was zwangsläufig zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion führen wird. Um dies auszugleichen und der Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung Rechnung zu tragen, haben die Minister sogenannte neue genomische Techniken als potenzielles innovatives Instrument für den Agrar- und Lebensmittelsektor intensiv diskutiert. Der nächste Agrarrat findet am 26.09.2022 in Brüssel statt.
Die Kommission hat am 06.09.2022 ihren Bericht über die Handelsbilanz des Agrar- und Lebensmittelhandels für den Monat Mai 2022 veröffentlicht. Der Wert des EU-Agrar- und Lebensmittelhandels hat im Mai 2022 einen Gesamtwert von rund 35 Mrd. € erreicht (Anstieg um 11 % gegenüber April 2022 und um 32 % gegenüber Mai 2022). Dieser Anstieg ist vor allem durch den anhaltenden Anstieg der Rohstoffpreise bedingt. Die Ausfuhren beliefen sich auf rund 20 Mrd. €. Dies spiegelt ein Wachstum von 8 % im Vergleich zum Vormonat und 21 % gegenüber Mai 2021 wider. Hierbei wurden höhere Mengen an Weizen und Mais, aber geringere Mengen an anderen Getreidesorten exportiert. Die Ausfuhren in die Ukraine haben sich auf das Niveau vor der russischen Invasion erholt und stiegen monatlich um 27 % auf 233 Mio. €. Die Ausfuhren von Gemüse und Schweinefleisch in die Ukraine überstiegen die Werte für das Vorjahr sowohl hinsichtlich des Wertes (+ 102 %) als auch des Volumens (+ 148 %) deutlich. Die Einfuhren erreichten mit einem Wert von 15,6 Mrd. € ein Rekordniveau, was einem Anstieg um 15 % gegenüber April 2022 und 48 % mehr als im Mai 2021 entspricht. Dies ist vor allem auf einen starken Anstieg der Importmengen von Mais und höhere Preise für Kaffee und Nüsse zurückzuführen. Insbesondere die Einfuhren aus Brasilien stiegen aufgrund von Preis- und Mengenerhöhungen um 41 % und 84 % gegenüber Mai 2021. Hierbei verzeichnen Ölsaaten und Getreide die größten Zuwächse. Auch die Importe aus der Ukraine stiegen um 36 %. Auch hier tragen gerade Ölsaaten und Getreide zum Anstieg bei.
Die Kommission hat am 13.09.2022 die GAP-Strategiepläne für Österreich und Luxemburg gebilligt. Dies ist das zweite Genehmigungspaket der GAP-Strategiepläne nach der Genehmigung der Pläne für Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Polen, Portugal und Spanien am 31.08.2022. Für die GAP werden im Zeitraum 2023 - 2027 Mittel in Höhe von 270 Mrd. € bereitgestellt. Die Kommission strebt nun eine rasche Genehmigung der 19 verbleibenden Pläne an. Dabei sei ausschlaggebend, wie gut und wie schnell die Mitgliedstaaten auf die Bemerkungen der Kommission zu den Entwürfen der Strategiepläne reagieren.
Die Kommission hat am 12.09.2022 eine Durchführungsverordnung (EU 2022/1475) angenommen, die einen gemeinsamen Rahmen für die Überwachung und Bewertung der Ergebnisse der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und damit der Umsetzung der GAP Strategiepläne bietet. Dieser Beschluss enthält auch klare Vorschriften für die detaillierten Informationen, die die Mitgliedstaaten erheben müssen, damit sie vor Beginn der neuen GAP am 01.01.2023 die geeigneten IT-Instrumente und Sammelsysteme entwickeln können. Die Durchführungsverordnung stellt einen wichtigen Schritt im Hinblick auf die allgemeine Neuausrichtung der GAP i.S. der Ergebnisorientierung dar. Bei der Bewertung ihrer GAP-Strategiepläne wird von den Mitgliedstaaten erwartet, dass sie ihre Erfolgsfaktoren bewerten; beispielsweise die Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft, die Stabilität oder Steigerung des landwirtschaftlichen Einkommens, die Verbesserung der Nährstoffbilanz auf landwirtschaftlichen Flächen oder das Wachstum ländlicher Unternehmen. Die Vorteile der GAP-Strategiepläne müssen auch zu vertretbaren Kosten und zu einem Faktor der Vereinfachung sowohl für die Begünstigten als auch für die Verwaltung erreicht werden. Dank dieser detaillierten Daten werden die Kommission sowie unabhängige Analysten und Forscher in der Lage sein, den Beitrag der GAP zu ihren zehn spezifischen Zielen zu bewerten. Diese Daten werden auch zur Vorbereitung der nächsten GAP sowie zur Umsetzung mehrerer Empfehlungen des Europäischen Rechnungshofs verwendet.
Die Kommission hat am 31.08.2022 durch die Änderung von vier Verordnungen den Einsatz biologischer Pflanzenschutzmittel vereinfacht. So können u. a. Mikroorganismen als Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln schneller zugelassen werden. Landwirte sollen dadurch chemische Pflanzenschutzmittel besser ersetzen können. Die neuen Regelungen sollen dabei helfen, den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 50 % zu reduzieren. Die neuen Regelungen treten am 21.11.2022 in Kraft.
Das Plenum des Europäischen Parlaments (EP) hat am 13.09.2022 die Entschließung „Eine neue EU-Waldstrategie für 2030 – Nachhaltige Waldbewirtschaftung in Europa“ mit 417 Stimmen bei 144 Gegenstimmen und 67 Enthaltungen angenommen. Das EP fordert eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in der EU, die den örtlichen Gegebenheiten und den Stimmen der Waldbesitzer Rechnung trägt. Die Abgeordneten betonten, dass Wälder sowohl für die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen als auch für Arbeitsplätze v. a. im ländlichen Raum von wesentlicher Bedeutung seien. Nur eine dynamische, nachhaltige und aktive Bewirtschaftung der Wälder werde ihre Widerstandsfähigkeit und erfolgreiche Anpassung an das sich verändernde Klima ermöglichen. Gleichzeitig erfordern die Vielfalt der Wälder, die Klimabedingungen, die Eigentumsverhältnisse und die Formen der Verwaltung in der EU, dass die Bewirtschaftung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene Hand in Hand mit den Waldbesitzern entwickelt werde. In diesem Zusammenhang sollten Förderprogramme, freiwillige Zahlungen für Ökosystemleistungsprogramme und Forschungsmittel insbesondere für kleinere Waldbesitzer zur Verfügung gestellt werden.
Das Plenum des Europäischen Parlaments (EP) hat am 13.09.2022 mit 453 Stimmen bei 57 Gegenstimmen und 123 Enthaltungen seinen Standpunkt zur Verordnung über Entwaldungsfreie Lieferketten angenommen. Das EP drängt bei der geplanten Verordnung zur Schaffung entwaldungsfreier Lieferketten auf eine deutliche Ausweitung des Anwendungsbereichs. Mehr Produkte sollen einbezogen werden. Nach Inkrafttreten der Verordnung dürften damit keine der betroffenen Produkte mehr auf den EU-Markt gelangen, wenn sie auf Flächen hergestellt wurden, die nach 2019 der Entwaldung oder Waldschädigung zum Opfer gefallen sind. Beispielsweise dürfte ein Holzschrank, der aus dem Holz eines im Januar 2020 gerodeten Tropenwaldstückes hergestellt wurde, nicht mehr in der EU verkauft werden. Nach der Vorstellung des Parlaments würde dies den Verbrauchern garantieren, dass sie mit ihrem Kauf der betreffenden Produkte nicht zur Zerstörung von Wäldern, insbesondere „unersetzlicher Tropenwälder“, beitragen. Nach Ansicht der Abgeordneten wird damit der Beitrag der EU zum Klimawandel und zum Artensterben verringert. Des Weiteren drängen die Europaabgeordneten darauf, dass die Unternehmen nachweisen, dass importierte Waren im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsbestimmungen hergestellt worden sind und die Rechte der indigenen Völker dabei respektiert werden. Der Vorschlag der Kommission bezieht sich auf Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz. Betroffen sind auch Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden wie etwa Leder, Schokolade und Möbel. Das Parlament will nun auch Schweinefleisch, Schafe und Ziegen, Geflügel, Mais und Kautschuk sowie Holzkohle und bedruckte Papierprodukte einbeziehen. Der Stichtag soll um ein Jahr auf den 31.12.2019 vorverlegt werden. Das Parlament möchte außerdem zusätzliche Auflagen für Finanzinstitute (Prüfungstatbestand „Entwaldung“ bei der Kreditvergabe u. a. an kleine und mittlere Unternehmen), damit deren Aktivitäten nicht zur Entwaldung beitragen. Kein Land und kein Rohstoff sollen grundsätzlich ausgeschlossen werden. Unternehmen müssten die Risiken in ihren Lieferketten für den EU-Markt mit der gebotenen Sorgfalt bewerten. Auf der Grundlage einer transparenten Bewertung müsste die Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung Länder oder Teile davon in die Kategorien geringes, normales oder hohes Risiko einteilen. Für Produkte aus Ländern mit geringem Risiko gelten dann weniger Verpflichtungen. Mit diesem Standpunkt geht das Parlament in den Trilog mit den EU-Mitgliedstaaten und der Kommission über das endgültige Gesetz.
Das Plenum des Europäisches Parlament (EP) hat am 14.09.2022 mit 418 Stimmen bei 109 Gegenstimmen und 111 Enthaltungen seinen Standpunkt zur Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) angenommen. Bis zum Jahr 2030 sollen nach dem Willen des Parlaments erneuerbare Energien deutlich mehr genutzt und der Energieverbrauch stark reduziert werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch der EU soll bis 2030 auf 45 % erhöht werden. Die Abgeordneten nahmen auch Änderungsanträge an, die eine schrittweise Senkung des Anteils von Primärholz als erneuerbare Energie fordern. In den Rechtsvorschriften werden auch Unterziele für Branchen wie Verkehr, Gebäude sowie Fernwärme und -kälte festgelegt. Jeder Mitgliedstaat muss zwei grenzüberschreitende Projekte zum Ausbau von Ökostrom entwickeln. Mitgliedstaaten mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 100 TWh müssen bis 2030 ein drittes Projekt entwickeln. In einer weiteren Abstimmung legten die Abgeordneten die Position des EP für die Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) fest. Der Text wurde mit 469 Stimmen gegen 93 bei 82 Enthaltungen angenommen. Die Abgeordneten sprechen sich für eine Erhöhung des EU-Ziels für die Senkung des End- und Primärenergieverbrauchs aus, so dass die Mitgliedstaaten gemeinsam sicherstellen müssen, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 40 % und der Primärenergieverbrauch um 42,5 % im Vergleich zu den Prognosen von 2007 gesenkt wird. Dies entspricht 740 bzw. 960 Mio. t RÖE (Millionen Tonnen Rohöleinheiten) für den End- und Primärenergieverbrauch. Die Mitgliedstaaten sollen verbindliche nationale Beiträge zur Erreichung dieser Ziele festlegen. Die Ziele sollen durch Maßnahmen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene in verschiedenen Sektoren – z. B. öffentliche Verwaltung, Gebäude, Unternehmen, Datenzentren – erreicht werden. Die Abgeordneten und die tschechische Ratspräsidentschaft werden nun in die Trilog-Verhandlungen über die Gesetzentwürfe eintreten, zu denen die EU-Minister bereits im Juni 2022 ihren Standpunkt festgelegt haben (siehe hierzu auch Beiträge des StMWi und StMB in diesem Bericht).
Die Kommission, die Minister, Staatssekretäre und Generaldirektoren für Katastrophenschutz der EU-Mitgliedstaaten und der am Unionsverfahren für den Katastrophenschutz (UCPM) teilnehmenden Staaten haben sich am 05.09.2022 in einem informellen Treffen darauf verständigt, die Kapazitäten zur Bekämpfung von Waldbränden auszubauen. Angesichts der zahlreichen Waldbrände in Europa in diesem Sommer und der steigenden Gefahr von Waldbränden auch in den nächsten Jahren einigten sich die Ländervertreter und die Kommission auf vier Aktionspunkte: die Beschleunigung des Aufbaus der RescEU-Flotte für die Brandbekämpfung aus der Luft, die Erweiterung des bestehenden saisonalen europäischen Sicherheitsnetzes von Löschflugzeugen, die Verstärkung der saisonalen Vorpositionierung von Bodenteams an Brandherden und die Operationalisierung eines Aktionsplans für Brandprävention und -vorsorge. Diese Maßnahmen sollen die ausreichende Bekämpfung von Waldbränden bis zum Aufbau der permanenten neuen europäische Flotte von Löschflugzeugen (rescEU) sicherstellen. Diese Maßnahmen stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass zusätzliche EU-Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden (siehe hierzu auch Beitrag des StMI in diesem Bericht).
Die Kommission hat am 25.08.2022 eine öffentliche Konsultation zu Stellungnahmen für eine Folgenabschätzung eines neuen EU-Rahmens für die Waldüberwachung gestartet. Hintergrund ist die – zurzeit im parlamentarischen Verfahren befindliche – neue EU-Waldstrategie im Rahmen des Europäischen Green Deals. Die Kommission bittet um Meinungen dazu, wie ein EU-weiter Waldbeobachtungsrahmen gestaltet werden sollte. Ziel eines solchen Rahmens soll sein, einen offenen Zugang zu detaillierten, regelmäßigen und zeitnahen Informationen über den Zustand und die Bewirtschaftung der Wälder sowie über die zahlreichen Produkte und Ökosystemdienstleistungen der Wälder zu bieten. Hierdurch sollen Entscheidungen über Wälder künftig stärker datengesteuert getroffen werden. Dies solle das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Waldbewirtschaftung stärken, den illegalen Holzeinschlag verringern, eine nachhaltigere Waldbewirtschaftung fördern und die Anpassung der Wälder an den Klimawandel unterstützen. Rückmeldungen sind möglich bis 17.11.2022.
Europabericht Nr. 14/2022 vom 19.09.2022 (PDF; 949 KB) externer LinkDie EU-Agrarminister trafen sich am 18.07.2022 in Brüssel erstmals unter tschechischem Vorsitz. Sie forderten insbesondere eine rasche Genehmigung der nationalen Strategiepläne im Rahmen der GAP, billigten Schlussfolgerungen zur Aquakultur und sprachen über die Lage auf den Agrarmärkten und die Auswirkungen der aktuellen Trockenheit in der EU. Landwirtschaftsminister Zdeněk Nekula stellte die Prioritäten des tschechischen Ratsvorsitzes für den Agrarrat vor. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Ernährungssicherheit im Zusammenhang mit der russischen Invasion in die Ukraine, der Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und der Verhinderung der Entwaldung. Agrarkommissar Wojciechowski hob den positiven Verlauf der strukturierten Dialoge mit den MS zu den nationalen Strategieplänen im Rahmen der GAP hervor. Mit den MS Portugal, Spanien, Polen, Frankreich und Dänemark sind die Gespräche abgeschlossen. Er rechne mit einer zeitnahen Vorlage der bewilligungsreifen Strategiepläne und mit einer Genehmigung im September. Bis Ende des Jahres soll der komplette Prozess abgeschlossen sein. Eine schnelle Annahme sei wichtig, aber die Ziele der Reform müssen unbedingt eingehalten werden. Die Minister einigten sich auf eine Reihe von Schlussfolgerungen zur Aquakultur, um einen nachhaltigen, widerstandsfähigen und wettbewerbsfähigen Meeres- und Süßwasser-Aquakultursektor aufzubauen. Die Minister riefen dazu auf, dem Sektor eine entsprechend hohe Priorität einzuräumen, um seine Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Die Minister erörterten den jüngsten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Sie begrüßten die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und äußerten ihre Besorgnis über die Festlegung des Ziels einer Reduzierung der Menge chemischer Pflanzenschutzmittel um 50 % sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene. Sie erinnerten an die Notwendigkeit tragfähiger nachhaltiger Alternativen zu diesen Pflanzenschutzmitteln, bevor verbindliche Ziele für deren Reduzierung festgelegt werden. Sie betonten auch, dass Nachhaltigkeit nicht auf Kosten der Ernährungssicherheit oder der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft gehen darf. Die Minister führten einen Gedankenaustausch über den Stand der Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse im Zusammenhang mit Entwaldung und Waldschädigung. Mit dem Vorschlag der Kommission soll sichergestellt werden, dass die von den Europäern gekauften Produkte nicht an der Waldzerstörung beteiligt sind. Die Tschechische Republik ist bereit, Triloge zu diesem Thema mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament einzuleiten. Zusätzlich erörterten sie die Notwendigkeit, die Rechtsvorschriften über Tiertransporte in der EU.
Die Europäische Dürrebeobachtungsstelle (EDO) – ein Dienst der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission – hat am 18.07.2022 einen Bericht über die Trockenheit (Dürrelage) in der EU veröffentlicht. Nach dem Bericht gelte für einen großen Teil der EU derzeit eine Dürre-Warnstufe (46 %) oder eine Dürre-Alarmstufe (11 %). In der Folge werde man in Frankreich, Rumänien, Spanien, Portugal und Italien wahrscheinlich mit geringeren Ernteerwartungen zurechtkommen müssen. In gewissem Maße seien auch Deutschland, Polen, Ungarn, Slowenien und Kroatien betroffen. Besonders wird auf die schwierige Lage in Italien verwiesen. Gegen Waldbrände helfe die EU durch das Entsenden von Löschflugzeugen aus der rescEU-Flotte und der Überwachung von bestimmten Wäldern durch den Copernicus-Satellitendienst.
Die Kommission hat am 07.07.2022 den neuesten Bericht über die kurzfristigen Aussichten für die EU-Agrarmärkte veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass sich die Auswirkungen der russischen Aggression in der Ukraine weiterhin auf die globalen Rohstoffmärkte auswirken und eine große Bedrohung für die weltweite Ernährungssicherheit darstellen. Die ukrainische Landwirtschaft ist entlang der gesamten Lieferkette von der Produktion bis zum Handel direkt betroffen. In der EU wird die Getreideproduktion durch trockene Witterungsbedingungen in mehreren Regionen beeinträchtigt. Daher sind die Prognosen für die Getreideproduktion in der EU niedriger als erwartet und liegen unter dem Niveau von 2021. Die vorhandenen Bestände werden laut des Berichts jedoch dazu beitragen, den Bedarf für den Binnenverbrauch und einen Teil der Exportnachfrage zu decken. Die gesamte Getreideerzeugung in der EU wird voraussichtlich rd. 280 Mio. t erreichen, was einem Rückgang von 2 - 5 % gegenüber der Saison 2021/22 entspricht. Es wird jedoch erwartet, dass die Nachfrage nach Futtermitteln und Getreide zur Herstellung von Biokraftstoffen zurückgehen wird und die Getreideausfuhren im Vergleich zu 2021 um rd. 15 % steigen werden, was den Rückgang des Exports aus der Ukraine etwas abmildert. Die im März von der Kommission gewährte Ausnahmeregelung, die die Erzeugung von Kulturen für Lebens- und Futtermittelzwecke auf brachliegenden Flächen erlaubt, führte zu einer Erhöhung der Aussaatflächen v. a. von Eiweißpflanzen. Es wird erwartet, dass die EU-Sonnenblumenkernproduktion rd. 11 Mio. t (+ 8 %) ein Allzeithoch erreichen wird. Der Tiersektor der EU (Fleisch und Milchprodukte) steht aufgrund des Ausbruchs von Tierseuchen und der hohen Futtermittelpreise vor eigenen Herausforderungen. Die Milchpreise in der EU befinden sich auf einem Rekordniveau. Trotzdem bleiben die Margen der landwirtschaftlichen Betriebe aufgrund der hohen Kosten für Betriebsmittel und Logistik gering. Es wird erwartet, dass die Rindfleischerzeugung trotz hoher Preise im Jahr 2022 zurückgehen wird. Zunehmende umweltbezogene Maßnahmen, geringere Exportaussichten, anhaltend hohe Inputkosten und die Afrikanische Schweinepest (ASP) führen zu einem erwarteten Rückgang der Schweinefleischerzeugung um rd. 5 % im Jahr 2022. Die Verfügbarkeit von Lebensmitteln in der EU ist nicht gefährdet.
Der Rat hat am 18.07.2022 einer vorübergehenden Liberalisierung des Handels mit weiteren landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der Republik Moldau zugestimmt. Die Republik Moldau kann ein Jahr lang mindestens die doppelte Menge an Tomaten, Knoblauch, Tafeltrauben, Äpfel, Kirschen, Pflaumen und Traubensaft in die EU zollfrei einführen. Das potenzielle zollfreie Volumen wird sich nun auf rund 55 Mio. € belaufen, etwa 10 Mio. € entfallen dabei auf Pflaumen und 27 Mio. € auf Tafeltrauben. Mit diesem Solidaritätsbeweis will die EU der Republik Moldau dabei helfen, den Verlust der wichtigsten Märkte und Transitknotenpunkte zu bewältigen, der bezüglich dieser zentralen landwirtschaftlichen Erzeugnisse durch den ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entsteht. Die Verordnung muss noch im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden, um einen Tag später in Kraft treten zu können (siehe hierzu auch Beitrag des StMB in diesem Bericht).
Der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) des Europäischen Parlaments (EP) hat am 12.07.2022 mit 30 Stimmen bei 2 Gegenstimmen und 10 Enthaltungen den Entschließungsentwurf „Eine neue EU-Waldstrategie für 2030 – Nachhaltige Waldbewirtschaftung in Europa“ der Berichterstatterin MdEP Ulrike Müller (RENEW/D) angenommen. Die Abgeordneten betonen die Bedeutung und Vielfalt der EU-Wälder und fordern, dass ihre nachhaltige Bewirtschaftung gemeinsam mit den Waldbesitzern entwickelt wird. Nur so können diese und vor allem ihre wertvollen Funktionen erhalten und ausgebaut werden: In Anerkennung der vielfältigen Ökosystemleistungen und sozioökonomischen Funktionen, die Wälder bieten, einschließlich der Eindämmung des Klimawandels und der Schaffung von mehr als 2 Millionen Arbeitsplätzen in der EU, fordern die Abgeordneten eine ausgewogene Umsetzung der Strategie in Bezug auf die Erbringung all dieser Dienstleistungen. Holzbasierte Produkte sollten so effizient wie möglich und im Einklang mit den nationalen Besonderheiten eingesetzt werden, so die Abgeordneten. Der Bericht fordert eine nachhaltige aktive Bewirtschaftung der Wälder, um die Anpassung und Widerstandsfähigkeit der Wälder an das Ökosystem zu stärken. Angesichts der unterschiedlichen Wälder und Klimabedingungen der EU sollte diese Bewirtschaftung jedoch auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene entwickelt werden. Die Landwirtschaftsabgeordneten fordern ferner eine gemeinsame Definition sowie die Kartierung von Primär- und Urwäldern, die eine Schlüsselrolle für den Schutz der biologischen Vielfalt, die Kohlenstoffbindung und die Bereitstellung von Süßwasser spielen. Der Text betont unterschiedliche Eigentumsverhältnisse und Formen der Bewirtschaftung von Wäldern in den Mitgliedstaaten. Die Entschließung zu einer neuen EU-Waldstrategie für 2030 muss nun vom Plenum des EP verabschiedet werden, möglicherweise während der September-Sitzung.
Der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlamentes (AGRI) hat am 12.07.2022 eine Vereinbarung mit dem Rat über eine Verordnung über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung angenommen. Die Verordnung soll die Erhebung von landwirtschaftlichen Daten in der EU, einschließlich der Statistiken über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, vereinheitlichen. Die gesammelten Daten werden zur Bewertung der Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der Farm to Fork – Strategie und der Biodiversitätsstrategie verwendet. Die ersten Daten über die Größe der mit Pflanzenschutzmitteln behandelten Anbauflächen sollen 2026 erhoben und 2028 veröffentlicht werden. Danach soll die Erhebung jährlich erfolgen. Der Verordnungsentwurf muss nun vom Plenum des Europäischen Parlaments und vom Rat förmlich angenommen werden. Die Verordnung wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten und ab dem 01.01.2025 gelten.
Der Europäische Rechnungshof (EuRH) hat am 04.07.2022 einen Sonderbericht zu Betrug im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) veröffentlicht. Der Sonderbericht 14/2022 untersucht Daten aus dem Zeitraum 2007 bis 2020. Zugleich wurden die Antworten der Kommission auf diesen Bericht veröffentlicht. In dem Bericht wird auf die Betrugsrisiken im Rahmen der EU-Agrarpolitik infolge der Komplexität vieler der finanzierten Maßnahmen verwiesen und es wird bewertet, wie die Kommission auf derartigen Betrug reagiert hat. Die Prüfer kommen zu dem Schluss, dass die Kommission zwar gegen Betrug bei den EU-Agrarausgaben vorgegangen ist, sie halten aber stärker proaktive Maßnahmen gegen bestimmte Betrugsrisiken, insbesondere bei Investitionsmaßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums, für wünschenswert. In ihrer Antwort verweist die Kommission auf die geteilte Zuständigkeit beim Haushaltsvollzug. Auch die Mitgliedsstaaten müssten eine effektive Betrugsbekämpfung sicherstellen. Die Förderung des Einsatzes von Satellitendaten für das GAP-Monitoring sei voranzutreiben.
Die Kommission und Neuseeland haben am 30.06.2022 die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen (FHA) abgeschlossen. Die Verhandlungen für das FHA wurden bereits im Juni 2018 aufgenommen. Für den Bereich der Landwirtschaft beinhaltet das Abkommen viele Erleichterungen: Zölle auf Schweinefleisch, Wein und Schaumwein, Schokolade, Zuckerwaren und Kekse aus der EU werden mit dem Inkrafttreten abgeschafft. Außerdem werden künftig die gesamte Liste der Weine und Spirituosen aus der EU sowie 163 geografische Angaben auch in Neuseeland geschützt werden. Für bestimmte Erzeugnisse, wie einige Milcherzeugnisse, Rind- und Schaffleisch, Ethanol und Zuckermais, wird es Zollkontingente für die Einfuhr in die EU geben. Des Weiteren wurden gemeinsame Standards für ein nachhaltiges Ernährungssystem und Tierwohl vereinbart. In Kürze werden die ausgehandelten Textentwürfe veröffentlicht. Nach der rechtlichen Überarbeitung und der Übersetzung in alle EU-Amtssprachen wird die Kommission das Abkommen dem Rat zur Unterzeichnung vorlegen. Danach kann dieses von der EU und Neuseeland unterzeichnet werden. Im Anschluss erfolgen die Zustimmungen des Europäischen Parlaments sowie die Ratifizierung durch Neuseeland. Erst danach kann das Abkommen in Kraft treten.
Am 16.07.2022 ist die neue EU-Verordnung über Düngemittel in Kraft getreten. Die Verordnung (EU) 2019/1009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.06.2019 mit Vorschriften für die Bereitstellung von Düngeprodukten auf dem Markt soll eine fakultative Harmonisierung ermöglichen, d. h. die Erzeuger können entscheiden, ob sie die neuen EU-Vorschriften anwenden oder weiterhin die nationalen Vorschriften einhalten wollen, um Produkte in der EU in Verkehr zu bringen. Sie legt außerdem Grenzwerte für bestimmte Stoffe, wie Cadmium, Quecksilber oder Arsen, in Düngemitteln fest. Nach Ansicht der Kommission wird die neue Verordnung die Rolle des Binnenmarktes stärken, zur Verringerung der Umweltauswirkungen von Düngemitteln beitragen, ihre Risiken für die menschliche Gesundheit begrenzen und die Abhängigkeit Europas von Düngereinfuhren verringern. Sie sei ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Hierzu soll u. a. eine stärkere Verwendung organischer und abfallbasierter Düngemittel beitragen, welche durch die neue Verordnung erleichtert werde. Zur besseren Umsetzung hat die Kommission einen Leitfaden für Unternehmen in Form einer Mitteilung herausgegeben.
Die Kommission hat am 06.07.2022 den Startschuss für die Einrichtung eines Expertengremiums zum Thema Carbon Farming/Kohlenstoffspeicherung gegeben. Dafür werden u. a. auch Experten aus den Mitgliedstaaten (Versuchsanstalten, Behörden, etc.) gesucht, die sich in diesem Beratungsgremium mit ihrem Fachwissen zur Kohlenstoffspeicherung in landwirtschaftlichen Böden einbringen möchten. Der Hintergrund ist die von der Kommission für 30.11.2022 geplante Veröffentlichung zur Zertifizierung von Kohlenstoffspeicherung, die Bestandteil des Green-Deal ist. Die Bewerbung für das Expertengremium ist bis zum 15.09.2022 möglich.
Die Kommission berichtete am 05.07.2022 zu den Fortschritten des EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Unternehmens- und Handelspraktiken im Lebensmittelbereich. Der Kodex wurde im Juli 2021 ins Leben gerufen und ist eine freiwillige Initiative, welche die Akteure in der „mittleren Lebensmittelkette“ (Hersteller, Großhandel, Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie) dazu ermutigen soll, auf freiwilliger Basis ihre Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern und darüber zu berichten. Er ist ein Schlüsselelement der Farm to Fork - Strategie. Die Unterzeichner verpflichten sich u. a. dazu, gesunde und nachhaltige Ernährungsweisen zu fördern, die Ressourceneffizienz in ihren eigenen Betrieben zu verbessern, nachhaltige Lieferketten zu fördern und jährlich über diese Verpflichtungen zu berichten. Im Laufe des letzten Jahres stieg die Zahl der Unterzeichner von 65 auf heute 124. Auf Grundlage der Berichte hat die Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, um die Selbstverpflichtungen der Unternehmen und die Bereiche, die sie abdecken, zu kartieren. Die ersten Ergebnisse sollen am Ende des Jahres vorliegen. Bei – aus Sicht der Kommission – unzureichenden Fortschritten, behält diese sich gesetzgeberische Schritte vor.
Der EuGH hat am 14.07.2022 über den Umfang des Schutzes von geschützten Ursprungsbezeichnungen bei der Ausfuhr in Drittstaaten entschieden. Der Gerichtshof hat in einem Vertragsverletzungsverfahren geurteilt, dass Dänemark gegen seine Pflichten aus der Verordnung Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel verstoßen hat. Es hat die Verwendung der Bezeichnung „Feta“ für Käse, der zur Ausfuhr in Drittländer bestimmt ist, nicht unterbunden, obwohl dieser nicht den Voraussetzungen der einschlägigen Produktspezifikation entspricht.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 07.07.2022 zur Frage Stellung genommen, inwieweit Fahrzeuge von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschafts- oder Fischereiunternehmen von einer Ausnahme bzgl. der Lenkzeiten-Beschränkung profitieren können. Der Gerichtshof hat in dem Urteil für Recht erkannt, dass „der Umkreis von 100 km vom Standort des Unternehmens“ als Luftlinie zu verstehen ist und es nicht auf die tatsächlich zurückgelegte Straßenentfernung ankommt.
Die Kommission hat am 11.07.2022 einen Vorschlag für die Änderung der Verordnung über europäische umweltökonomische Gesamtrechnungen (VO 691/2011) veröffentlicht. Nach der bisherigen Verordnung müssen die Mitgliedsstaaten in sechs Bereichen Daten an Eurostat übermitteln. Zu den bestehenden Umweltkonten sollen drei Konten hinzugefügt werden: Ökosysteme, Wälder und Umweltsubventionen. Die Waldkonten sollen die Waldfläche und ihren verfügbaren Anteil für die Holzgewinnung messen (siehe hierzu auch Beitrag des StMUV in diesem Bericht).
Europabericht Nr. 13/2022 vom 20.07.2022 (PDF; 973 KB) externer LinkZum 01.07.2022 hat Tschechien von Frankreich turnusgemäß für die kommenden sechs Monate (zum 01.01.2023 folgt Schweden) die EU-Ratspräsidentschaft übernommen und diese unter das Motto „in Vielfalt geeint“ gestellt (siehe weiteren Beitrag unter Politische Schwerpunkte in diesem EB). Der Fokus liegt eindeutig auf der Bewältigung der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und damit liegt der Schwerpunkt aus dem Bereich des StMELF auf der Ernährungssicherung. Der erste Agrarrat unter tschechischer Präsidentschaft wird am 18.07.2022 stattfinden und sich mit dem Stand im Hinblick auf die GAP-Strategiepläne und der aktuellen Marktlage beschäftigen. Die Präsidentschaft möchte vor allem vorliegende Dossiers abschließen; mit neuen Initiativvorhaben ist nicht zu rechnen. Zum Thema geschützte geografische Angaben (g.g.A.) wird eine allgemeine Ausrichtung angestrebt.
Die Kommission hat am 28.06.2022 ihren monatlichen Argar- und Lebensmittelhandelsbericht für März 2022 veröffentlicht. Der Gesamtwert des Agrar- und Lebensmittelhandels der EU erreichte einen Wert von 32,6 Mrd. €, was einem Anstieg von 12 % gegenüber März 2021 und von 13 % gegenüber Februar 2022 entspricht. Im März 2022 beliefen sich die EU-Ausfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf 18,9 Mrd. €, während die Einfuhren auf 13,7 Mrd. € geschätzt wurden, was einem Anstieg von 11 % bzw. 16 % gegenüber dem Vormonat entspricht. Die EU profitiert weiterhin vom Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit einer Handelsbilanz von 5,3 Mrd. €. Der Bericht hat auch einen besonderen Fokus auf die Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine auf den Agrar- und Lebensmittelhandel im März 2022. Im März 2022 gingen die EU-Einfuhren von ukrainischem Sonnenblumenöl, Mais und Raps im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10 %, 37 % bzw. 29 % zurück. Bei Weizen ging die in die EU eingeführte Menge im Vergleich zum März 2021 um 77 % zurück. Ebenso wurde ein deutlicher Rückgang der ukrainischen Weizenexporte für ihre wichtigsten Partner weltweit verzeichnet. Im Allgemeinen stiegen die Exporte der EU in ihre Top-10-Länderpartner, mit Ausnahme von Russland. Im Zeitraum Januar bis März 2022 stiegen die EU-Einfuhren aus Brasilien, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine im Jahresvergleich am stärksten an.
Der Rat der Europäischen Union für Auswärtige Angelegenheiten billigte am 20.06.2022 Schlussfolgerungen zur "Team Europa"-Reaktion auf die weltweite Ernährungsunsicherheit. In seinen Schlussfolgerungen zeigt sich der Rat zutiefst besorgt über die beispiellose Ernährungsunsicherheit, mit der gefährdete Bevölkerungsgruppen durch den Krieg in der Ukraine konfrontiert sind. Die EU und ihre Mitgliedstaaten stehen solidarisch an der Seite der am stärksten betroffenen Partnerländer. Sie werden ihre Unterstützung als reaktionsfähiger, verantwortungsbewusster und zuverlässiger globaler Akteur verstärken. In diesem Sinne fordert der Rat eine „Team Europa“-Reaktion auf die globale Ernährungsunsicherheit mit vier Handlungsschwerpunkten: Solidarität durch Soforthilfe und Unterstützung der Erschwinglichkeit; Förderung der nachhaltigen Erzeugung, der Widerstandsfähigkeit und des Wandels des Lebensmittelsystems; Erleichterung des Handels durch Unterstützung der Ukraine bei der Ausfuhr von Agrarerzeugnissen und ein wirksamer Multilateralismus und eine nachdrückliche Unterstützung der zentralen Rolle der Globalen Krisenreaktionsgruppe der Vereinten Nationen bei der Koordinierung der weltweiten Anstrengungen.
Die Handelsminister der 164 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) verpflichteten sich am 17.06.2022 im Rahmen der WTO-Ministerkonferenz zu verschiedenen Maßnahmen in einer gemeinsamen Erklärung zur Ernährungssicherheit. Die WTO-Mitglieder sollen ungerechtfertigte Ausfuhrbeschränkungen für Lebensmittel vermeiden und die Transparenz bei bestehenden Ausfuhrbeschränkungen verbessern. Darüber hinaus wurde ein Beschluss gefasst, humanitäre Ankäufe für das Welternährungsprogramm vollständig von Ausfuhrbeschränkungen auszunehmen. Die EU bedauert, dass die Mitglieder nicht in der Lage waren, ihre Differenzen über ein Arbeitsprogramm für die Landwirtschaft zu überwinden. Die EU setzt sich weiterhin dafür ein, im Vorfeld der 13. Ministerkonferenz dazu ein realistisches, zielgerichtetes und ausgewogenes Ergebnis zu erzielen.
Fast die Hälfte (+6 % seit 2020) der Europäerinnen und Europäer sieht die Sicherstellung einer stabilen Versorgung mit Lebensmitteln in der EU als ein Hauptziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Dies zeigt die am 21.06.2022 veröffentlichte Eurobarometer-Umfrage zur Landwirtschaft und zur GAP. 55 % (+6 %) der Befragten sind der Meinung, dass die GAP angemessene Lebensmittelpreise für die Verbraucher gewährleisten sollte. Seit 2020 hat diese Ansicht in 20 EU-Ländern (vor allem Griechenland, Zypern) an Bedeutung gewonnen. Mehr als die Hälfte der Befragten sind der Meinung, dass die GAP zum Umweltschutz und zur Bewältigung des Klimawandels beiträgt. Dennoch sind 67 % der Befragten der Ansicht, dass die Landwirte in der EU noch mehr tun könnten, indem sie Ihre Arbeitsweisen anpassen. Die Umfrage wurde in den 27 EU-Mitgliedstaaten vom 21.02.2022 - 21.03.2022 durchgeführt, d. h. während der ersten Wochen des Ukraine-Krieges.
Die Kommission hat am 22.06.2022 im Rahmen des Green Deal als Bestandteil des neuen Naturschutzpakets einen Vorschlag für eine Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln veröffentlicht. Die bestehende Richtlinie (Richtlinie 2009/128/EG) soll in eine Verordnung überführt werden, die rechtsverbindliche Ziele auf EU- und nationaler Ebene für eine nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln festlegt. Bis 2030 soll der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln und die damit verbundenen Risiken um 50 % reduziert werden (im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015, 2016 und 2017). Die Mitgliedstaaten sollen eigene nationale Reduktionsziele innerhalb vorgegebener Parameter mittels nationaler Aktionspläne festlegen. Vorrangig sollen alternative umweltfreundlichere Methoden zur Schädlingsprävention und -bekämpfung genutzt werden. Der Vorschlag enthält auch ein generelles Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in empfindlichen Gebieten, wie insbesondere städtischen Grünflächen, in Natura-2000-Schutzgebieten und allen ökologisch empfindlichen Gebieten, die für bedrohte Bestäuber erhalten werden müssen (siehe hierzu Beitrag des StMUV in diesem EB). Nächster Schritt: Rat und Parlament werden eine jeweilige Positionierung erarbeiten.
Die Kommission hat am 15.06.2022 die neuesten Zahlen veröffentlicht, die die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele zur Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes im Rahmen der Farm to Fork-Strategie zeigen. Ziel ist, den Gesamtverbrauch und die damit einhergehenden Risiken chemischer Pflanzenschutzmittel (PSM) bis 2030 um 50 % zu reduzieren. Um die Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele zu verfolgen, veröffentlicht die Kommission jedes Jahr Zahlen über den Einsatz und das Risiko chemischer PSM in der EU. Für das Jahr 2020 zeigen die Zahlen, dass insgesamt weniger chemische PSM eingesetzt werden. Die Aufwandmengen chemischer PSM sind im Vergleich zu 2019 um 1 % und im Vergleich zur Basisperiode (2015-2017) um 14 % zurückgegangen. Weiterhin zeigen die Zahlen, dass die „gefährlicheren“ PSM deutlich weniger eingesetzt werden. Sie sind im Vergleich zu 2019 um 9 % und im Vergleich zur Basisperiode um 26 % zurückgegangen. Es ist das zweite Jahr in Folge, in dem ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist. Gleichzeitig behauptet die EU ihre weltweite Position als führender Exporteur von Lebensmitteln. Die Fortschritte sind zwar stetig und anhaltend, aber noch nicht schnell genug. Die Mitgliedstaaten müssen mehr tun, um den Einsatz und die Risiken chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringern, wie dies von Wissenschaftlern und Bürgern gefordert wird. Die Akzeptanz von risikoarmen PSM und biologischen Alternativen ist immer noch sehr gering.
Der Rat hat am 29.06.2022 seine Verhandlungsposition zu Kernelementen des Fit-für-55-Pakets festgelegt und damit auch zu Emissionen und zum Abbau aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) sowie zum Vorschlag zur Begrenzung des Verbrauchs von Erzeugnissen, die zur Entwaldung oder Waldschädigung beitragen. Die Mitgliedstaaten bestätigten das Reduktionsziel von 310 Mio. t CO2-Äquivalenten. Die Verteilung der Teilziele auf die Mitgliedstaaten entspricht dem Vorschlag der Kommission. Die Kommission soll einen Bericht über die Einbeziehung der Nicht-CO2-Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft (z. B. Methan, Ammoniak) vorlegen. Im Rahmen eines Gesamtkompromisses wurde auch eine allgemeine Ausrichtung zur Novellierung des EU-Emissionshandelssystems (ETS) sowie zur Lastenteilungsverordnung (ESR; siehe hierzu Beitrag des StMUV in diesem EB), zum neuen Klima Sozialfond (siehe hierzu Beitrag des StMAS in diesem EB) und zu neuen CO2-Emissionsnormen für Pkws und leichte Nutzfahrzeuge (siehe hierzu Beitrag des StMWi in diesem EB) erzielt.
Mehr als 450 Vertreter von EU-, nationalen und regionalen Entscheidungsträgern sowie von lokalen Behörden und sozialen und wirtschaftlichen Interessengruppen trafen sich am 15./16.06.2022 in Brüssel zur ersten Konferenz des Pakts für den ländlichen Raum. Sie einigten sich auf die Umsetzung des Pakts für den ländlichen Raum und gingen Verpflichtungen ein, um die ländlichen Gebiete der EU bis 2040 zu stärken, besser zu vernetzen, widerstandsfähiger zu machen und ihren Wohlstand zu steigern. Ziel des Paktes, der im Juni 2021 von der Kommission angenommen wurde, ist es, den Stimmen aus dem ländlichen Raum mehr Gehör zu verschaffen und sie auf der politischen Agenda weiter nach oben zu bringen, die Zusammenarbeit zu strukturieren und zu ermöglichen, voneinander zu lernen und freiwillige Verpflichtungen für Maßnahmen zu fördern und zu überwachen. Die Konferenzteilnehmer legten über 40 Verpflichtungen vor, welche sich auf spezifische Probleme, die in ländlichen Gemeinden und Gebieten auftreten, beziehen. Zu den wichtigsten Bedürfnissen der ländlichen Gebiete zählt, die Verkehrsinfrastruktur zu optimieren. Darauf folgen der Zugang zur Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung oder Altenpflege und die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen/Beschäftigungs-/Geschäftsmöglichkeiten sowie die digitale Infrastruktur. Die Kommission wird die Einrichtung und die Arbeit des Pakts unterstützen und überwachen. Darüber hinaus wird die Kommission u. a. eine EU-Beobachtungsstelle für den ländlichen Raum einrichten, um detailliertere Daten über die wirtschaftlichen und demografischen Trends in den ländlichen Gebieten der EU zu erhalten. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stehen für den Zeitraum 2023-2027 über 60 Mrd. € für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung. Im Rahmen der neuen GAP werden mindestens 35 % dieser Mittel für Maßnahmen zur Förderung der regionalen Entwicklung, des Klimas, der biologischen Vielfalt, der Umwelt und des Tierschutzes bereitgestellt.
Die Kommission hat am 22.06.2022 vorgeschlagen, das bestehende Informationsnetz landwirtschaftlicher Buchführungen (INLB) in ein Datennetz für die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe (FSDN) umzuwandeln, wie bereits in der Farm to Fork-Strategie vorgesehen. Das INLB ist ein 1965 geschaffenes europäisches Buchführungsnetzwerk, mit dessen Hilfe das Einkommen und die wirtschaftlichen Tätigkeiten landwirtschaftlicher Betriebe betrachtet werden können. Es hilft, die Auswirkungen der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) getroffenen Maßnahmen zu verstehen. Jedes Jahr liefern mehr als 80 000 landwirtschaftlichen Betriebe ihre Daten. Entsprechend der Entwicklung der GAP wird das zukünftige FSDN über die wirtschaftlichen Daten hinaus auch Nachhaltigkeitsdaten zu ökologischen und sozialen Aspekten erfassen. Neben der Vereinfachung der bestehenden Datenerfassung und Einführung innovativer und moderner Systeme wird auch eine bessere Verknüpfung mit anderen Datenquellen angestrebt. Um die Struktur des INLB umzugestalten hat die Kommission am 22.06.2022 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung 1217/2009 des Rates angenommen. Am selben Tag wurde die Konsultation zur Initiative „Umstellung auf ein Datennetz für die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe“ (FSDN) geöffnet. Rückmeldungen zu dem angenommenen Rechtsakt sind bis zum 17.08.2022 möglich. Sie werden von der Kommission zusammengefasst und dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt, um in die Gesetzgebungsdebatte einfließen zu können.
Der Europäische Rechnungshof (ERH) veröffentlichte am 28.06.2022 einen Bericht zu Big Data im Hinblick auf die Analyse und Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und zieht das Fazit, dass die Kommission nicht ausreichend vom Potenzial von Big Data profitieren würde. Obwohl die Kommission über große Datenmengen für die Gestaltung, das Monitoring und die Bewertung der GAP verfüge, lieferten ihr die derzeit verwendeten Software-Anwendungen und Daten nicht alle Informationen, die als Grundlage für die Politikgestaltung auf EU-Ebene benötigt werden. Die Kommission könne die Erfordernisse und die Auswirkungen der GAP daher nicht umfassend bewerten. Auch erhebe die Kommission derzeit nicht genügend Daten – etwa zum Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie zu umweltbelastenden Bewirtschaftungsmethoden. Sie habe zudem nur begrenzten Zugang zu den Daten über Bauernhöfe und Agrarunternehmen in den EU-Ländern und daher keinen detaillieren Überblick über die Zuweisung von EU-Geldern.
Das Plenum des Europäischen Parlaments nahm am 23.06.2022 eine Resolution zu illegalem Holzeinschlag in der EU an. Darüber hinaus unterstützen die Abgeordneten die Einrichtung eines EU-Rahmens für die Beobachtung, Berichterstattung und Datenerhebung im Forstsektor („Forstbeobachtungsstelle“). Die Abgeordneten fordern u. a., dass illegaler Holzeinschlag eine Straftat darstellen und in den Geltungsbereich der überarbeiteten Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt aufgenommen werden soll (siehe hierzu Beitrag des StMJ in diesem Bericht). Auch wird eine einheitliche Definition des illegalen Holzeinschlags als Umweltdelikt in allen Mitgliedstaaten gefordert sowie EU-weit harmonisierte Verfahren und Sanktionen. Mehrere Petitionen von Bürgern haben das Ausmaß und die Schwere des illegalen Holzeinschlags in der EU hervorgehoben, der weitgehend unentdeckt bleibt und für schätzungsweise 20 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist.
Der EuGH hat am 22.06.2022 sein Urteil in der Rechtssache C-661/20 veröffentlicht, in dem er feststellt, dass die Slowakei ihren Verpflichtungen aus der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie nicht umfassend nachgekommen ist. Er stellt darin fest, dass die Slowakei nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um die Lebensräume des Auerhuhns zu erhalten. Da in den meisten zur Erhaltung des Auerhuhns ausgewiesenen Natura-2000-Gebieten keine besonderen Schutzmaßnahmen für dessen Lebensräume getroffen wurden, sieht der EuGH auch die Verpflichtungen aus der Vogelschutzrichtlinie nicht umfassend erfüllt. Der Vertragsverletzungsklage der Kommission lagen Beschwerden über eine übermäßige Waldnutzung in zwölf zur Erhaltung des Auerhuhns ausgewiesenen besonderen Schutzgebieten in der Slowakei zugrunde (siehe hierzu Beitrag des StMUV in diesem Bericht).
Die Kommission hat am 27.06.2022 eine Konsultation zur Durchführungsverordnung im Hinblick auf die Liste der anerkannten Kontrollstellen für die Einfuhr ökologischer Lebensmittel veröffentlicht. In die EU dürfen ausschließlich ökologische Erzeugnisse eingeführt werden, die zuvor als solche zertifiziert wurden. Eine derartige Zertifizierung kann nur von bestimmten zugelassenen Kontrollstellen vorgenommen werden. Mit dieser Initiative wird das entsprechende Verzeichnis berichtigt. Rückmeldungen sind möglich bis 25.07.2022.
Europabericht Nr. 12/2022 vom 01.07.2022 (PDF; 1 MB) externer Link