Digitales Dorf Bayern

Aktualisiert am: 27.08.2025
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Grafik Bayernkarte mit Pilotregionen digitales DorfTechnische Hochschule Deggendorf

Der ländliche Raum in Bayern wird mit vielen Herausforderungen konfrontiert: Der demographische Wandel, verbunden mit der Abwanderung von jungen, gut ausgebildeten Menschen, hat eine Überalterung sowie Schrumpfung der dort lebenden Gesellschaft zur Folge. Die Auswirkungen sind folgenschwer: viele Dienstleistungen werden unrentabel, die Infrastruktur dünnt aus. Das "Digitale Dorf Bayern" hat diese Herausforderungen frühzeitig erkannt, sich ihnen gestellt und aktiv angepackt. Das Vorhaben widmete sich der Frage, welche Chancen Digitalisierung zur Verbesserung der Lebensbedingungen und zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse auf dem Land bietet. Das Digitale Dorf Bayern unterstützte ländliche Räume in Bayern auf ihrem Weg in die digitale Zukunft und trieb die digitale Transformation voran. Mit dem Modellprojekt Digitales Dorf Bayern wurden die Chancen der Digitalisierung im ländlichen Raum in fünf Modelldörfern erprobt. Im "Digitalen Dorf Bayern" wurden verschiedenste digitale Anwendungen entwickelt, die dabei helfen, den ländlichen Raum als lebenswerten Wohn- und Wirtschaftsraum zu erhalten und zukunftsfähig aufzustellen. Die am Digitalen Dorf teilnehmenden Gemeinden konnten durch das Projekt die Lebensqualität für ihre Einwohner erhöhen und sich darüber hinaus als innovative Wirtschafts- und Lebensstandorte im regionalen Wettbewerb positionieren. Im Digitalen Dorf Bayern wurde die digitale Transformation mit wissenschaftlicher Unterstützung gemeinsam mit den Bürgern vor Ort als "bottom up"-Prozess durchgeführt. In den fünf Modelldörfern wurden für die Bedarfe vor Ort maßgeschneiderte und individuelle Lösungen entwickelt, dabei ging es immer um "Digitalisierung zum Anfassen", nicht um Digitalisierung zu jedem Preis, das heißt Digitalisierung nur da, wo sie Sinn macht und die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag unterstützt. Die Herausforderungen vor Ort waren sehr unterschiedlich, jedes Dorf ist digital anders aufgestellt und hatte jeweils andere Bedarfe, das spiegelt sich auch in den inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der Dörfer wider. Die Modellprojekte umfassten wesentliche Lebensbereiche im ländlichen Raum und vernetzten diese miteinander. Den Rahmen hierfür bildeten elf Themenfelder, in welchen sich Digitalisierungsprojekte anboten und gut umgesetzt werden konnten: Arbeiten, Dienste (u.a. Handel), Energie, Bildung, Medizin, Mobilität, Pflege, Wohnen, Landwirtschaft, Tourismus sowie Kultur. Um dem integrativen Gedanken eines digitalen Dorfes zu folgen, sollten aus mindestens drei der elf Themenfelder möglichst synergetische Umsetzungsideen realisiert werden.

2 Grafik Circle ThemenfelderTechnische Hochschule Deggendorf

Das Digitale Dorf Bayern war ein Vorhaben der Bayerischen Staatsregierung, die fünf Modellregionen wurden mit insgesamt 13 Millionen Euro unterstützt. Die ersten Modelldörfer nahmen ihre Arbeit im April 2017 auf, die Laufzeiten der letzten Projekte endeten im September 2023. Für mehr Informationen zu den einzelnen Modelldörfern können Sie uns gerne kontaktieren unter:

Poststelle@stmelf.bayern.de

Fünf Modellprojekte

Allgemeines

Die Steinwald-Allianz ist ein Verbund aus 17 Gemeinden innerhalb des Landkreises Tirschenreuth in der Oberpfalz. Die Zusammengehörigkeit der Gemeinden definiert sich weniger an administrativen Grenzen, sondern vielmehr anhand der besonderen topographischen Gegebenheiten und naturräumlichen Zusammengehörigkeit vor Ort, die ihre ganz eigenen Herausforderungen mit sich bringen. Das 490 Quadratkilometer große Gebiet der Steinwald-Allianz umringt den Naturpark Steinwald, der es an seinem höchsten Punkt um gut 900 Meter überragt. Steinwald-Allianz, angesiedelt im "Norden" Bayerns, und Spiegelau-Frauenau, angesiedelt im "Süden" Bayerns, sind die ältesten der fünf Digitalen Dörfer.

www.steinwald-allianz.de externer Link
Foto eines Transporters der als mobiler Dorfladen dient.Steinwald-Allianz
Projektinhalt

Das Ziel der Steinwald-Allianz im Lkr. Tirschenreuth war es, die Nahversorgung entlegener Ortsteile zu verbessern. Im Rahmen dieses Modellprojekts wurde ein mobiler Dorfladen installiert und weiterentwickelt, der die Versorgung der Bürger im ländlichen Raum mit einem Angebot von über 400 Produkten des täglichen Bedarfs sowie mit regionalen Waren sicherstellen soll. Der mobile Dorfladen bestand von 2018 bis 2024 aus einem 12‑Tonnen‑Lkw mit besonderer Ausrüstung: Das Fahrzeug ist mit digitalen Komponenten ausgestattet, an eine zentrale digitale Plattform angebunden und erfüllt auch die Sicherheitsstandards für die bundesweit erste mobile LOTTO‑Annahmestelle. Im Jahr 2024 wurde ein kostengünstigerer 7,2-Tonnen-Lkw angeschafft, in dem die Technik verbaut ist. Projektträger sind der Zweckverband Steinwald-Allianz und eine eigens gegründete Betreiber-GmbH. Der mobile Dorfladen fährt Montag bis Samstag in regelmäßigem Turnus über 40 Gemeinden bzw. Ortsteile von Gemeinden der Steinwald-Allianz ohne Nahversorgungseinrichtungen an und bringt Waren des täglichen Bedarfs, aber auch viele regionale Schmankerl, die nicht im Einzelhandel erhältlich sind, in die Dörfer. Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung des mobilen Dorfladens für die kleinen Ortschaften der Steinwald-Allianz besonders deutlich gemacht (Beispiel Haustürlieferungen im Quarantäne-Fall). Kundinnen und Kunden können auch im Onlineshop einkaufen und ihren Einkauf an ihrer Wunsch-Haltestelle abholen oder die Haustürlieferung in Anspruch nehmen. Das Projekt „Digitales Dorf Steinwald-Allianz“ wurde vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS federführend betreut und in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband Steinwald-Allianz umgesetzt. An das Projekt angeknüpft waren weitere Angebote der Bayerischen Staatsregierung, wie z. B. eine digitale Wohn- und Technikberatung für selbstbestimmtes Wohnen im Alter zu Hause (Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales).

Allgemeines

Die Gemeinden Spiegelau und Frauenau entschieden den Wettbewerb um die Auswahl zu den ersten südbayerischen digitalen Modelldörfern Ende 2016 für sich. Der Technologie Campus Grafenau der Technischen Hochschule Deggendorf setzte mit den beiden Kommunen das Projekt Digitales Dorf Spiegelau-Frauenau um.

Projektinhalt

Der Gemeindeverbund Spiegelau-Frauenau behandelte schwerpunktmäßig die Themenfelder Mobilität, Dienste (Rathaus und Verwaltung, Vereine, Nachbarschaftshilfe, Kirche), Bildung und Lernen, Arbeiten, Energie, Tourismus und Kultur sowie Medizin und Pflege und setzte konkret folgende Projekte um: Einsatz eines Dorfshuttles (DorfBus Spiegelau) zur Ergänzung des bestehenden ÖPNV, Nahversorgung durch ein Bestell- und Liefersystem im Lebensmitteleinzelhandel, Wohnwelten für unterschiedlich pflegebedürftige Zielgruppen sowie digitale Lehr- und Bildungsangebote. Das Modellprojekt erstreckte sich auch auf die Nachbargemeinde Mauth. Kern des Projekts war das Gemeindeportal "Dahoam 4.0": Auf die jeweilige Pilotgemeinde zugeschnitten wurden sämtliche für die Kommunen zur Verfügung stehenden digitalen Anwendungen, Dienste und Informationen gebündelt und vernetzt: von den Servicedienstleistungen der Rathaus-App, einer Schul-App zur Kommunikation zwischen Eltern und Lehrkräften, der Vereins-App für die Zusammenarbeit im Rahmen der Vereinsarbeit und des Ehrenamts bis hin zur Buchung von Co-Working-Möglichkeiten oder eines Livestreams der Gottesdienste aus den Pfarrkirchen der Gemeinden. Entwickelt wurde das Portal von dem Technologie-Campus Grafenau der Technischen Hochschule Deggendorf.   Weitere – separat finanzierte – Maßnahmen des Digitalen Dorfs Spiegelau-Frauenau waren "BLADL" (Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales) und "MeDiLand" (Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege). Bei BLADL ging es um digitale Nachbarschaftshilfe. MeDiLand hingegen hatte die digitale Vernetzung von Patienten und Leistungserbringern im Gesundheits- und Pflegebereich zum Ziel.

Allgemeines

In ländlichen Regionen wie dem Landkreis Kronach und insbesondere dem Oberen Rodachtal führen die demographische Entwicklung, der kontinuierliche Ärzteschwund sowie der Fachkräftemangel in Gesundheit und Pflege zu einer angespannten Situation in der Versorgung. Einer wachsenden Zahl an betreuungs- und pflegebedürftigen älteren Menschen steht eine kleiner werdende Anzahl von jüngeren Menschen gegenüber. Der Fachkräftemangel, die hohe Arbeitsbelastung und der hohe Dokumentationsaufwand erschweren es darüber hinaus den Leistungserbringern in der Pflege, die vorliegenden Bedarfe zu bedienen. 

Projektinhalt

Vor diesem Hintergrund wurden seit 2018 im Forschungsprojekt Digitales Gesundheitsdorf Oberes Rodachtal (DIGI-ORT) die Potenziale der Digitalisierung zur Verbesserung und Sicherstellung der Gesundheits- und Pflegeversorgung erprobt. Dank einer digitalen Plattform wurden ambulante Pflegedienste, Hausärzte, Ehrenamtliche, Pflegebedürftige und deren Angehörige effizient vernetzt, um Abstimmungsprozesse und Informationsaustausch zu vereinfachen. Zusätzlich wurde der Einsatz von am Markt verfügbaren technischen Assistenz- und Monitoringsystemen untersucht, um diese in die digitale Plattform einzubinden und somit ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Zuhause mit Technologien so lange wie möglich zu fördern. Ergänzend zu den digitalen Lösungsansätzen wurde im Rahmen des Projekts eine lokale Anlaufstelle eingerichtet. Diese informierte und beriet die Bürger und Patienten des Oberen Rodachtals zu den Möglichkeiten des technikunterstützten Wohnens und koordinierte darüber hinaus einen ehrenamtlichen Begleitdienst, der ehrenamtliche Angebote, wie die Unterstützung bei Arztbesuchen und Einkäufen, vermittelte. Die Federführung für das Digitale Gesundheitsdorf Oberes Rodachtal lag beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, die Umsetzung erfolgte durch das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS mit Beteiligten aus der Region.

Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS: Digitales Gesundheitsdorf externer Link

Allgemeines

Im Landkreis Traunstein im historischen Rupertiwinkel rund um den Waginger See liegen die sieben zur ILE Zukunftsregion Rupertiwinkel gehörenden Kommunen Tittmoning, Fridolfing, Kirchanschöring, Petting, Taching am See, Waging am See und Wonneberg. Die Besonderheiten des Alpenraums wurden im Digitalen Alpendorf schwerpunktmäßig bearbeitet.

Projektinhalt
Der Fokus dieses Modellprojekts lag v.a. auf den Themenbereichen Naturschutz, Tourismus, Verkehr und Energie, es wurden u.a. folgende Teilprojekte umgesetzt:
  • Die interkommunale nachhaltige Beschaffungsplattform stärkt die interkommunale Zusammenarbeit in der ILE durch gemeinsame Ausschreibungen und durch Mengenrabatte attraktivere Preise.
  • "Rathaus-App" zur Verbesserung von Informations-, Kommunikations- und Verwaltungsprozessen zwischen den Bürgern, zwischen der Gemeinde und deren Mitgliedern, sowie den Gemeinden untereinander.
  • Die Plattform "Zukunftswohnen": zeigt neben neuen Wohnkonzepten die vielen Möglichkeiten auf, wie bereits beim Bau oder der Sanierung durch die Auswahl nachhaltiger und umweltfreundlicher Materialien zukunftsfähig geplant werden kann. 
  • "Digitaler Pflegekompass": lokale Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige und deren Angehörige sollen durch den "Digitalen Pflegekompass" zielgerichtet gefunden werden (z.B. Hilfe bei Arzt- und Einkaufsfahrten oder im Haushalt) 
  • Programmierung einer digitalen Plattform „Findet Naturabenteuer“, die Naturerlebnis- und Umweltbildungsangebote aus der Region gesammelt darstellt und Gästen und Einheimischen einen Überblick über die vielfältigen Angebote in der Region gibt und den Zugang dazu erleichtert.
  • Entwicklung der "Ökogenuss-Plattform" für regionale Bio-Kulinarik mit dem Ziel der gemeinsamen Vermarktung und des gemeinsamen Vertriebs regionaler Produkte.
  • Digitale Anschlagtafeln, die Informationen aus der Region geben.
  • Monitoring der Wasserqualität des Waginger Sees und seiner Zuflüsse durch Sensoren und eine innovative Dateninfrastruktur.

Das Projekt wurde vom Technologie Campus Grafenau der Technischen Hochschule Deggendorf federführend betreut und mit Unterstützung der Kommunen der ILE Zukunftsregion Rupertiwinkel und der Hochschule Rosenheim umgesetzt.

Allgemeines

Im Landkreis Oberallgäu, durch die Passstraße über den Riedbergpass verbunden, liegen die beiden zur Verwaltungsgemeinschaft Hörnergruppe gehörenden Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein, in denen das Modellprojekt Digitale Hörnerdörfer Allgäu umgesetzt wurde.

Projektinhalt

In den Digitalen Hörnerdörfern Allgäu wurden vorrangig die Handlungsfelder Verwaltung, Dienste, Mobilität, Tourismus und Kultur bearbeitet, ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Tourismus. Konkret ging es in diesem Projekt um die Umsetzung dieser Themen:

  • Installation von Digital Signage Touchterminals in den Tourismusbüros als 24/7-Service mit zielgruppenorientierten Freizeitangeboten und individueller Informationsbereitstellung sowie von professionellen Webcams als ergänzendem Angebot.
  • Implementierung eines digitalen mehrsprachigen Workflows zur medienbruchfreien An- und Ummeldung des Wohnsitzes („Daheim Anmelden“) zur Unterstützung der Verwaltungseinheiten im Meldeprozess bei Saisonarbeitskräften
  • Erstellung eines Portals zur Abstimmung, d.h. Bündelung des Gästetransports vom und zum nächstgelegenen Bahnhof unter den Hotels in Balderschwang (HörnerShuttle Balderschwang).
  • Konzeptentwicklung für Positionierung, Wissensvermittlung und Erlebnisqualität in der bzw. rund um die Sturmannshöhle mittels Virtual Reality bzw. Augmented Reality.
  • Digitale Seniorenweiterbildung durch entsprechende Schulungen und das Angebot von Sprechstunden.
  • Einsatz von Drohnen rund um das Riedberger Horn: bedarfsgerechte Einsatzmöglichkeiten unbemannter Luftfahrzeuge zur Erhöhung der Wegesicherheit.

Das Projekt wurde federführend vom Technologie Campus Grafenau der Technischen Hochschule Deggendorf betreut in enger Zusammenarbeit mit den beiden beteiligten Kommunen Balderschwang und Obermaiselstein und der Hochschule Kempten.

Lessons Learned

Die nachfolgenden Lessons Learned betreffen das Gesamtprojekt Digitales Dorf Bayern und leiten sich aus den Erkenntnissen und Erfahrungen der Projektteams und ihrer Projektpartner und Projektpartnerinnen ab. Die Lessons Learnd sollen als Hilfestellung dienen für zukünftige Projekte im Bereich Digitalisierung im ländlichen Raum.

Projektorganisation und Projektmanagement

Die Ausgangslage in vielen ländlichen Kommunen mag zwar ähnlich erscheinen, dennoch gilt es stets die Heterogenität des ländlichen Raums zu berücksichtigen. So ist der jeweilige optimale Weg einer Kommune hin zu bedarfsgerechten digitalen Lösungen einzelfallspezifisch zu gestalten. Die Rahmenbedingungen in den Kommunen unterscheiden sich viel zu stark, um ein flächendeckendes Erfolgsrezept für die Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen zu erhalten. Eine "Blaupause" für die Digitalisierung von Kommunen existiert nicht. Den Ausgangspunkt jeder erfolgreichen kommunalen Digitalisierungsstrategie bildet daher eine belastbare initiale IST-Analyse. Empfehlenswert ist ein fachlich breit aufgestelltes Projektteam, in dem Experten/-innen aus den unterschiedlichsten Fachgebieten zusammenarbeiten. Der interdisziplinäre Austausch bereitet den Weg für mitunter ungewöhnliche Lösungen und zielführende Ideen innerhalb des Projekts. Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Generationen stellt keinen Nachteil dar, sondern bringt vielmehr unterschiedliche Sichtweisen in das Projekt ein. Lebenserfahrung ist ebenso wichtig wie die fachliche Expertise im Bereich Digitalisierung. Zu Beginn des Gesamtprojekts sollten Erwartungen und Zuständigkeiten abgesteckt werden, um unterschiedliche Projektziel-Vorstellungen zu vermeiden. Während des Projektverlaufs ist dies immer wieder notwendig, wenn sich in Teilprojekten Verantwortlichkeiten ändern oder zusätzliche Personen involviert sind.

Ein kontinuierlicher Austausch mit den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen sowie den Verwaltungsmitarbeitern der Kommunen ist unabdingbar, um einen Erfolg des Projekts zu gewährleisten. Im Digitalen Dorf Spiegelau-Frauenau beispielsweise fanden daher in regelmäßigen Abständen Statustreffen mit den Bürgermeistern der Projektkommunen und weiteren Vertretern der Kommune (zweimal pro Monat bzw. ab 2020 monatlich) statt, die dazu dienten, die leitende Projektgruppe stets auf dem Laufenden zu halten und die aktuellen Entwicklungen zu diskutieren. Die stetige und intensive Kooperation und Kommunikation im Konsortium erwiesen sich als absolut effektiv. Die Zuständigkeitsbereiche bildeten sich im Zuge der Zusammenarbeit heraus bzw. wurden gemeinsam definiert. Unkomplizierte Entscheidungsfindungen und unbürokratische Änderungen im Projektplan erlaubten dem Projektteam eine ergebnisoffene und bedarfsorientierte Umsetzung der Maßnahmen. Ebenso für den Projekterfolg entscheidend erwiesen hat sich ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis. Damit die fachliche Expertise der externen Begleiter akzeptiert wird, muss zwischen den Projektpartnern Vertrauen aufgebaut werden. Die räumliche Nähe beispielsweise des Technologie Campus Grafenau, der Basis des Projektteams und der Pilotkommunen Spiegelau und Frauenau, erwies sich während der Projektarbeit als sehr wertvoll, weil die Wege zwischen den Beteiligten kurz waren und offene Punkte bei Bedarf schnell und unbürokratisch geklärt werden konnten. Darüber hinaus bewährte sich das gefestigte gute Verhältnis während der Coronapandemie, als keine bzw. kaum Vor-Ort-Termine stattfinden konnten: Zwar hatte sich der Projektfortschritt teilweise in den Arbeitspaketen verlangsamt und es waren auch die Möglichkeiten für Bürgerdialog und Öffentlichkeitsarbeit eingeschränkt, doch blieben die Ergebnisse und der Projekterfolg davon unbeeinflusst.

Bei einem herausfordernden Thema wie der Digitalisierung stoßen die Gemeinden fachlich, finanziell und personell an ihre Grenzen. Diese begrenzten Ressourcen können zuweilen Zeitverzögerungen im Projektverlauf verursachen. Nur die wenigsten Kommunen verfügen über einen entsprechenden „digitalen Kümmerer“ in ihrem Personalstab. Aus diesem Grund bietet es sich künftig an, für derartige Projekte eine zusätzliche Personalstelle zu schaffen und direkt in den Kommunen einen Kümmerer vor Ort einzusetzen. In dessen Aufgabenbereich fallen unter anderem: Öffentlichkeitsarbeit, inhaltliche Befüllung von etwaigen Gemeindeportalen, Organisation von Projekttreffen, Vermittlung der Projektinhalte in die Verwaltungen, Koordination der Projektarbeit in den Kommunen der Modellregion, Ansprechpartner für lokale Projektpartner. Durch den Einsatz eines Kümmerers vor Ort werden einerseits Tür und Tor bei Einheimischen und sonstigen Institutionen geöffnet, andererseits erfahren die externen wissenschaftlichen Begleiter Herausforderungen und spezifische Gegebenheiten vor Ort von Anbeginn aus erster Hand. Durch die Finanzierung dieser Stelle über das Projektbudget können kleinere, vor Ort anfallende Aufgaben an diesen delegiert werden, was erheblich Zeit spart und Prozesse beschleunigt.

In vielen Kommunen fehlt eine „digitale Basis“, etwa was den flächendeckenden Breitbandausbau betrifft. Auch eine zeitgemäße Ausstattung wie Laptops mit Webcams oder Videokonferenzsysteme sind in Rathäusern ländlicher Kommunen keine Selbstverständlichkeit. Um erfolgreich weitere Digitalisierungsmaßnahmen einzuleiten, sollte daher der Aufbau grundlegender digitaler Infrastruktur bereits zu Beginn des Prozesses angestrebt werden. Digitalisierung verändert nicht nur die Art, wie wir unsere Aufgaben erledigen, sondern auch das Zusammenleben in der Gesellschaft. Viele Menschen stehen digitalen Innovationen verhalten gegenüber. Häufig ist Pionierarbeit zu leisten, um die Zielgruppen in der Kommune von der Digitalisierung zu überzeugen und sie auf ihrem Weg in die digitale Transformation zu unterstützen. So muss der Kompetenzförderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der kommunalen Verwaltung erhöhte Bedeutung zukommen, denn erfolgreiche kommunale Digitalisierung erfordert auch ein Umdenken im Arbeitsalltag. Die Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung müssen bereit sein, verwaltungstechnische Prioritäten neu zu setzen und die digital orientierten Arbeitsabläufe als ebenso wichtig zu erachten wie die analogen Prozesse. Folglich liegt die Aufgabe in einem derartigen Projekt nicht nur bei der bloßen Umsetzung, sondern auch in der Sensibilisierung der beteiligten Interessengruppen für das Thema Digitalisierung. Hier gilt es durch einen intensiven und regelmäßigen Dialog, in dem auf Bedürfnisse und Wünsche, aber auch auf Ängste und Vorbehalte eingegangen wird, etwaige Berührungsängste bei allen Projektbeteiligten zu lindern. Auch gilt es zu akzeptieren, wenn digitale Lösungen in bestimmten Handlungsfeldern nicht angenommen werden. Der Einsatz erzwungener Lösungen erweist sich selten als erfolgversprechend. Stattdessen sollte ein Verständnis dafür geschaffen werden, dass Digitalisierung nicht in Konkurrenz zu den etablierten Strukturen und Angeboten in der Region stehen muss. Lösungen wie z. B. eine digitale Unterstützung der bestehenden Nachbarschaftshilfe oder digitale Services zur Unterstützung der Mobilität sollen etablierte analoge Angebote nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen. Besonders wichtig ist, Digitalisierung nicht um jeden Preis durchsetzen zu wollen, sondern nur da, wo sie sinnvoll erscheint und wo sie auch von allen Projektbeteiligten mitgetragen wird. Bei all den Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, gilt es stets eine Balance zwischen digital und analog herzustellen und aufrechtzuerhalten.

Digitalisierung darf nicht auf Technologie reduziert werden. Damit Digitalisierung in einer Kommune gelingen kann, muss der Mensch in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Akzeptanz und Beteiligung sämtlicher Interessengruppen sind wesentlich, um kurz- und langfristige Erfolge im Projekt zu erzielen. Bedeutsam ist es deshalb, engagierte Schlüsselfiguren zu identifizieren, die den Digitalisierungsprozess in einer Kommune aus eigener Überzeugung maßgeblich vorantreiben. Eine dieser Schlüsselpersonen könnte der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin sein, die die Digitalisierung in der Kommune aus intrinsischer Motivation zur Chefsache deklarieren und es schaffen, sowohl die Mitarbeiter der Verwaltung als auch die Bürgerinnen und Bürger für den Weg in die Digitalisierung zu begeistern und diese von der Relevanz des Transformationsprozesses zu überzeugen.

In der Planungs- und Konzeptionierungsphase von Projekten ist es schwer möglich, alle etwaigen Risiken und Unwägbarkeiten zu überblicken. Dies gilt insbesondere für die spätere Nutzerakzeptanz einer digitalen Lösung, die zwar prognostiziert, aber nicht mit Sicherheit bestimmt werden konnte. Sollten im Laufe des Projekts die zu Projektbeginn definierten Teilziele nicht erreicht werden können, ist es essentiell, das Projekt oder den jeweiligen Lösungsweg nicht als gescheitert zu betrachten. Vielmehr sollten die Gründe analysiert werden, warum die zu Beginn definierten Erwartungen nicht erfüllt wurden. Nur so können schließlich die erforderlichen Korrekturen vorgenommen und auch die Lehren daraus gezogen werden, die wiederum für die künftige Projektarbeit von Nutzen sein können. Die Etablierung einer offenen und positiven Fehlerkultur, in der einmal getroffene Entscheidungen zur Durchführung des Gesamtprojekts oder eines bestimmten Arbeitspakets auch in Frage gestellt werden dürfen, trägt wesentlich zum Projekterfolg bei.

Will man sich Gehör in Politik und Presse verschaffen, hat sich das Handeln nach der Redewendung "Tue Gutes und rede darüber" als hilfreich erwiesen. Durch gezielte Lobbyarbeit, Publikationen und intensive Kontaktpflege richtet sich der Blick der Öffentlichkeit vermehrt auf das Projekt. Dies kombiniert mit einer Berichterstattung in der Presse und den Gemeindezeitungen in möglichst regelmäßigen Abständen informiert die örtliche Bevölkerung und Gemeindevertreter über den Status quo des Projekts. Die gezielt durchgeführte Pressearbeit auf regionaler, überregionaler, nationaler und internationaler Ebene, aber auch auf den eigenen Social-Media-Kanälen, erhöht die Aufmerksamkeit auf das Projekt. Die Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung wird auch durch permanente Präsenz in der Öffentlichkeit erzielt. Arbeitskreise mit Bürgerinnen und Bürgern, Gemeindevertreterinnen und Projektpartnern, aber auch regelmäßige Videokonferenzen sowie Arbeitstreffen vor Ort mit Gemeindevertretern und Projektpartnerinnen zeigen gute Erfolge. Auch die regelmäßige Präsenz von Projektmitarbeitern vor Ort in den Pilotgemeinden ist essentiell. Sich in der Öffentlichkeit zeigen, vor Ort sein und sich "unter das Volk" mischen, erzeugt Sympathien bei den Bürgern und erhöht die Akzeptanz des Projekts. Die Mitarbeiter erhalten darüber hinaus von den Beteiligten und Bürgern wichtige Informationen und Feedback "aus erster Hand".

Ein Erfolgsfaktor für die Akzeptanz von neuer Software und Apps, die das Alltagsleben unterstützen und erleichtern sollen, ist die Anpassung an die Herausforderungen der Pilotregion und an die Bedürfnisse der Stakeholdergruppen. Wie sich zeigte, erhöht ein niederschwelliger Zugang die Akzeptanz bei den Zielgruppen deutlich. Niederschwellig bedeutet, die Bedienoberfläche so nutzerfreundlich wie möglich und auch für Einsteiger leicht bedienbar zu gestalten und die Palette an Funktionen überschaubar zu halten. Neben der Bereitstellung einer nutzerfreundlichen Bedienoberfläche bedeutet Niederschwelligkeit aber auch, die vielleicht auf den ersten Blick trivial erscheinenden, aber doch bedeutenden Probleme im ländlichen Raum ernst zu nehmen und dafür digitale Lösungen zu entwickeln. Denn bei der Digitalisierung in Kommunen geht es in erster Linie nicht darum, hochkarätige künstliche Intelligenzen zu entwickeln, sondern kleine digitale Alltagshelfer, die das Leben der Bürger erleichtern. Wichtig ist, dass der Faktor Zielgruppenorientierung nicht die Prämisse der Übertragbarkeit von Lösungen auf andere Kommunen ausschließt. Denn erst die Übertragung und Ausweitung auf andere ländliche Regionen erlaubt die konsequente Standardisierung von Lösungen und bringt Mehrwert in der breiten Fläche.