Eine eigenständige Wärmeversorgung

27 Anwesen, 27 Vollerwerbsbetriebe – das war Engelsberg 1985. Heute: 27 Anwesen, 3 Vollerwerbsbetriebe, 10 Nebenerwerbsbetriebe. Trotz dieses Rückganges der landwirtschaftlichen Betriebe sind die Engelsberger Waldbauern geblieben und weiterhin fasziniert vom Rohstoff Holz. Zusammen realisierten alle 27 Waldbauern ein Projekt, das eine eigenständige Wärmeversorgung ermöglicht und die nachhaltige Waldbewirtschaftung sichert: das gemeinschaftlich gebaute und genossenschaftlich betriebene Hackschnitzelheizwerk für das 110-Einwohnerdorf Engelsberg.

Aktualisiert am: 28.09.2023
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Luftbild des Straßendorfes Engelsberg

Die Idee

Heute ist Engelsberg Exkursionsziel für interessierte Gemeinden und Delegationen von Tagungen über nachwachsende Rohstoffe. Vor rund zehn Jahren suchten die Engelsberger selbst noch nach beispielgebenden Pilotprojekten für ihr Vorhaben, das ganze Dorf mit Wärme zu versorgen – jedoch ohne Erfolg. Vor fünf Jahren wollte man das Netz für Nahwärme zusammen mit dem Kanal verlegen; letztendlich ist dies aber doch nicht erfolgt, weil die Überlegungen zur Projektierung noch nicht ausgereift waren. Der entscheidende Schritt zur Umsetzung wurde nach professioneller Beratung und aufgrund einer Förderung im Rahmen der Dorferneuerung getan. Heute sind die Engelsberger ihre eigenen Energiewirte. Etwa 36 000 € verbleiben durch die neue Wertschöpfung pro Jahr in Engelsberg – und fließen nicht in die Kassen von Ölkonzernen und Ölförderländern. Steigende Rohölpreise auf dem Weltmarkt – das lässt die Engelsberger in ihren warmen Stuben künftig kalt! Und auch die Umwelt profitiert: Die CO2-Einsparung beträgt immerhin fast 300 t pro Jahr.

Beispiel Engelsberg 5

Wirtschaftlicher Heizbetrieb

Die Heizanlage befindet sich in einem Anbau des Feuerwehrhauses in der Dorfmitte. Von hier aus laufen die Wärmeleitungen von Garten zu Garten und von dort in die Häuser – natürlich ohne Entschädigung für die Durchleitungen. Zwei Häuser fehlen noch; sie sollen angeschlossen werden, wenn die erst kürzlich eingerichteten Heizungen in die Jahre gekommen sind. Die Hackschnitzel lagern nach dem Häckseln in sieben bisher leer stehenden Scheunen oder Fahrsilos. Gebaut wurde die dorfeigene Heizanlage im Schichtbetrieb: am Tag arbeiteten die Rentner und abends die Berufstätigen. Träger der Baumaßnahme war die Gemeinde, Betreiber der Anlage ist eine Genossenschaft mit allen Nutzern. Die technische Betreuung der Heizanlage übernimmt der Nachbar des Feuerwehrhauses. Die Wärmeabnahme und die Hackschnitzellieferungen sind vertraglich sichergestellt. Die Baukosten beliefen sich auf 323 000 € (bei mehr als 5 000 Stunden Eigenleistung, Zuschüsse 180 000 €, E-ON-Umweltpreis 20 000 €). Bauzeit: 1,5 Jahre. Das Heizwerk besteht aus einem Biomassekessel mit 320 kW Nennleistung und einem Öl-Spitzenkessel für die Notversorgung von rund 200 kW Leistung. Reservekapazität steht noch für rund zehn Häuser bereit. Der jährliche Biomassebedarf beträgt 370 bis 400 t. Der Wärmepreis wird grundsätzlich so berechnet, dass entweder ein aktueller Heizölpreis (z. B. statistischer Heizölpreis des Vorjahres) oder ein kostendeckender Wärmepreis (aus der Bilanz des Vorjahres) unter Berücksichtigung von Reparaturen auf die Abnehmer umgelegt wird. Die hohen Eigenleistungen machen den Betrieb aber besonders kostengünstig.

Beispiel Engelsberg 3

Die Herausforderung

Das Gemeinschaftsprojekt hat die Engelsberger begeistert und den Zusammenhalt im Dorf enorm gesteigert. Für rund 25 Jugendliche ist bei der Maßnahme – sozusagen nebenbei – im Feuerwehrhaus ein eigener Raum entstanden. Die Kinder spielen bald auf dem renovierten Spielplatz. In Engelsberg herrscht jetzt wieder das Gefühl vor, „Auf Vordermann zu sein“. Und schon reift die nächste Projektidee: Strom aus Holz. Denn mit den 270 ha Wald der Engelsberger könnte eine etwa doppelt so große Anlage betrieben werden ...